ars,
in späten Belegen vereinzelt
1
arsch
(zum Wandel von
-rs
zu
-rsch
vgl.
Moser, Frnhd. Gram.
1, 3, 230
),
der
;
-es/-e
(seltener) oder
, jeweils + Uml.
– Häufig didaktische Texte.
1.
›After, Anus‹.
Phraseme
˹im Zusammenhang mit der Funktion als Ausscheidungsorgan:
a.
(Subj.)
zu verzälen anfangen
;
dem a. sein regiment lassen, mit dem a. etw. herausblasen, mit dem a. busse / ablas sprechen
;
auf dem a. bucket sitzen
(hierher oder zu 2.?) ›in der Hocke sitzend seine Notdurft verrichten‹,
jn. mit dem a. ausmergeln
(von der Ruhr gesagt)˺;
jm. einen scheit in den a. stossen
, wohl: ›Analverkehr ausüben‹,
hummeln / feuer im a. haben
›sehr lebhaft, unruhig sein‹,
jm. das gesäs im a. zerreissen
(vor Lachen),
die sonne in den a. scheinen (lassen)
›träge auf dem Bauch liegen‹,
jm. dreiwerbe in den a. blasen
›jn. foppen, ausnarren, verarschen‹,
jm. in den a. blasen
als Ausdruck für Unterwürfigkeit, Arschkriecherei; ˹in der Imperativform:
guk mir in den a.!
als Ausdruck der Verachtung˺,
jm. in den a. sehen
›jn. von seiner schlimmsten, häßlichsten Seite kennenlernen‹,
j. dem teufel in den a. fallen
›draufgehen, verloren werden‹,
(jm.) eine feder vom pfauenschwanz im a. stecken
(laut von jm., der es mit Zürich-Österreich hält, gesagt, Beleg um 1500); in der Wendung
jm. der a. auf und zu gehen
als Bild verwendet.
Bedeutungsverwandte:
 1.
Wortbildungen:
arshauen.

Belegblock:

Lehmann, Rezeptb. A
3366
(
pfälz.
,
1470
):
die figwartzen in dem arß.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1510
):
saures pier trincken, | Daz macht eim maul vnd arsch stincken.
Maaler Bl. d (
Zürich
1561
):
Arß (der) Arßloch. Anus.
˹In Phrasemen, Bildern und Redensarten: Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
Alsus saltu myt yn vysevasen, | Ind salt yn drijwerf in den ars blaesen.
Luther, WA Tr. (
um 1535
):
so kann man leichtlich zu ihm [Teufel] sagen, ihn zu beschamen: Leck mich im A –. Oder: Schmeiß ins Hembde, und hängs an Hals.
Ders., WA (
um 1535
):
Er hat humel ym arse.
Hast mir ynn ars gesehen / sihe widd’.
Du Schimpffest wie ·N· mit seiner mutter Sties yhr scheit ynn ars.
Sonn yn den ars scheinen.
Bobertag, Schwänke (o. O.
1575
):
hat mich der new Christus
[›Ruhr‹]
biß auff das hinderst mit meim arß auß gemergelt.
Goldammer, Paracelsus.
6, 74, 9
(
1530
):
secht auf eur fabelwerk, [...], eur wirdigkeit: daß nit lumpenwerk werd, nit in dreck fall. wird es fallen, es fallt euer keiner der mutter in die schoß, aber dem deufel in ars!
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
wenne die frowe reden wolte, so ving ir ars ane zuͦ vorzende.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
lag er [Schwetzer] also da zuͦ klappern und zuͦ schwetzen, und gieng im das Mul uff und zuͦ wie einer Wasserstelten der Arsch.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
gieng mit üch in ain kemnaten | Und spræch üch da buos und den applas, | Es wær mit dem mund oder dem ars.
e das sis
[Bader u. a.]
liessind gan lers, | Si bliessind den lüten e in die ärs | Und tætind aim die hoden leken.
Bächtold, N. Manuel
156, 638
(
halem.
,
1526
):
Wenn der finger den ars lert schissen, | Und die kinder den vätern verwissen, | Und das ross sitzt uf dem man, | So muͦss es alles letz zuͦgan!
˺
2.
metonymisch zu 1 für die umgebenden Körperteile gebraucht; dabei sind zwei Richtungen zu unterscheiden:
a) ›Sitzfläche, Gesäß (von Menschen); Hinterteil (von Tieren)‹, letzteres je nach Tier unterschiedlich zu benennen, z. B. ›Kruppe (vom Pferd)‹;
b) ›Genitalbereich, Unterleib‹ (nur vom Menschen gesagt), vereinzelt, vor allem in den Belegen
Barack, Teufels Netz
und
Fuchs, Murner. Geuchmat
3575
(s. u.) als pars pro toto auf den Menschen bezogen.
Zur Rolle des Gesäßes im Volksglauben: (s. v.
Hinterer
).
Phraseme
und bildliche Verwendungsweisen: ˹im Bereich der Erotik:
jm. der a. jucken
›sexuell erregt sein‹;
den a. in die schanze schlagen
›Hurerei treiben‹;
mit dem a. aus dem weg gehen / laufen
›fremdgehen‹,
mit dem a. zundel schlagen
›starke erotische Wirkung erzielen‹;
frau Venus mit dem strohen a.
Bild leicht entflammbarer Sinnlichkeit;
ärse
(hier Metonymie zur Variante b: ›Geschlechtslust‹)
das land verderben
˺; ˹in Ausdrücken für unterschiedliche Bewegungen und Handlungen, teils als pars pro toto, in der Mehrzahl der Belege abwertend:
den a. aufheben
›aufstehen, sich erheben‹;
mit ungewischtem a. kommen
›überstürzt aufgebrochen sein‹;
dem ros auf dem a. liegen
›so schnell reiten, daß man nach hinten rutscht‹;
der stat den a. zukeren, das tor mit dem a. küssen
›durchbrennen, auskneifen‹;
jn. mit der haustür für den a. schlagen
›jn. hinauswerfen‹;
den a. zum fenster ausbieten
;
jm. den a. keren
˺; ˹im Zusammenhang mit Strafen und als Vergeltung für dummes Verhalten:
über den eigenen a. einen besen machen
;
den kopf für den a. legen
›enthauptet werden‹;
sich zum eigenen a. eine rute machen
›sich selber strafen, schaden‹;
jm. etw.
(ein Unrecht)
im a. absengen
;
jm. den kopf beim a. herunterhauen
laut „von der komischen Strafe durch den Pritschenmeister beim Schützenfest“ gesagt;˺
jm. die ärse zusammenbinden
;
den a. herfürblecken / entdecken
›freimachen, entblößen‹;
jn. über den a. brennen
›jn. übers Ohr hauen‹;
den a. an das pfeit
(›Hemd‹)
wischen
(als Zeichen der Kulturlosigkeit);
jm. die bruch vor dem a. dürkel
(›durchlässig‹)
werden
›vor Zorn platzen‹;
ein lindes bet am a. haben
›verwöhnt, verweichlicht sein‹;
das pferd im a. zäumen
›ein Pferd von hinten aufzäumen‹ (von einem Besserwisser, der doch nur Verkehrtes tut, gesagt);
ungebleuten a. klagen
›ohne Grund klagen‹.
Bedeutungsverwandte:
 5, , ; ˹ in etymologischer Anlehnung an lat.
ars
˺; vgl. .
Syntagmen:
den a. bewegen / regen, einen grossen
(vom Menschen)
/ breiten
(z. B. vom Pferd)
a. haben
;
a.
(Subj.)
dik / feist sein, a. jm. schmerzen / bluten / gros scheinen
;
jm. wasser in den a. giessen, sich um den a. futtern
(›sich künstliche Polster anlegen‹),
jm. etw. für den a. herniederhängen, schne unz an den a.
(Angabe der Schneehöhe)
liegen, einem ros eine schelle auf den a. binden, eine geis mit dem schwanz für den a. schlagen
;
jm. das blut vom a. fliessen, zwiesel
(›Gabelung‹)
im a. enden, einen model mit dem a. drucken, auf dem a. sitzen / liegen / rutzeln
;
har im a., kletten am a.
;
tätsch für den a.
Wortbildungen:
arsbalg
,
arskrinne
(dazu bdv.: vgl. ),
arsweh.

Belegblock:

Bobertag, Faust (
Frankf.
1587
):
Welchs dann gemeinlich aller Weibern art ist [...] wie sie sich rechtschaffen auffmutzen [...] Koͤpffen / Haͤwblen / vmb den Arß fuͦttern vnd beharnischen / bereiffen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
12, 12
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
das ym der ars groz schine; wen das dunkit si wesin eyne edilkeit der eynen grozen ars hot, und wirt ouch geachtit deste schoner.
Hirschmann, Roger-Glosse
233rb
(
omd.
,
15. Jh.
):
von den dingen / dÿ do waschen in dem loche / des arses vnde heisen carvunculi.
Gille u. a., M. Beheim
267, 75
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
lang har im ars und dar an klatlin als an ainem schaff.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1512
):
Von vnden awff des ars ein 11 teill ent dÿ zwisell jm ars.
Spanier, Murner. Narrenb.
14, 4
(
Straßb.
1512
):
Das die natur verborgen hat, | Ein yeder aff das sehen lat | Vnd hat ein freüd, das er vffbleckt | Vnd yederman syn arß entdeckt.
Wiessner, Wittenw. Ring.
958
(
ohalem.
,
1400
/
8
):
Enkainr ist schlahens werd | Denn der hüerrensun, der Twerg, | Der den ars wüscht an daz phait.
Ebd.
5832
:
Die pruoch die zugens im do ab; | Seu gussen im des wassers her | In den ars und auch enzwer.
Sappler, H. Kaufringer
13, 235
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
da lag der pfaff in der weis, | sam er kurzlich geminnet hät. | im hieng seiner hoden gerät | schüzlich für den ars dernieder.
Ebd.
30, 128
(Hs.
1472
):
[die frawen] gnappent fast hin und herwider. | sie regent den ars und alle glider.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
Wan ayner ain schlachetz roß hat, bint er im ain schellen auf den arß, das man sich davor hiet.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
So wil ich dich mit einer rhuten | Hawen, daß dir dein ars muß bluten.
Deinhardt, Ross Artzney
363
(
oobd.
,
1598
):
so soll ain pferdt haben [...] Einen grossen bauch, besonnder so es junckh ist, ain braiten arsch, ain vellige prust.
Schade, Sat. u. Pasqu. ;
Bell, G. Hager
597, 3, 12
;
Dierauer, Chron. Zürich ;
Alberus
r ijv
;
Hulsius
A iijr
;
In Phrasemen, Bildern, Redensarten und Sprichwörtern:
Chron. Köln (
Köln
1499
):
do he allit uisgeleint hadde ind gesmecht, do keirde he der stat den ars zo.
Spanier, Murner. Schelmenz.
29, 21
(
Frankf.
1512
):
Man findt wol weyber, die sindt frum | Und guckendt doch so schentlich vmb, | Das ich schwier dusent eyd dorum, | [...] | Sy hett den arß in die schantz geschlagen.
Schmitz, Schiltb.
133, 23
(
Frankf.
1597
):
Loch auffs Loch / | Zapff ins Loch / | Tetsch fuͤr den Arß. | Rhat was ist das.
Luther, WA (
um 1535
):
An armen hoffart wisscht der teufel den ars.
Du bist der rechter klugelin zeümest das pferd ym arse.
Du bist so klug als polter wolt den ars wisschen vnd brach den daumen zwey.
Ders. Hl. Schrifft.
1. Sam. 6, 5
(
Wittenb.
1545
):
ewren Ersen vnd ewren Meusen / die ewr Land verderbet haben.
Fastnachtsp. (
nobd.
,
15. Jh.
):
So schült ir eur clag denn wider für tragen, | Die ir zu den mannen habt zu clagen. | Künt ir das mit reht auf sie prengen, | So wirt in das im ars ab sengen.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Dem möcht auch wie dem könig gschehen, | Daß er auch würde nach den tagen | Mit der hausthür fürn ars geschlagen.
Spanier, Murner. Narrenb.
31, 11
(
Straßb.
1512
):
hat er yetz ein frow genummen, | [...] | Die mit dem arß gat vß dem weg.
Ebd.
39, 66
:
[Wann] sy der narr facht an zuͦ iucken, | So laßt sy sich herumbher bucken | Vnd fluͦcht dem vatter vnderm grundt, | Das er sy nit versehen kundt, | Vnd hett vil lieber ein armen man, | Dann das sy woͤl zuͦ metten gan. | So ist es dann verloren gantz, | Wann sy den arß schlecht in die schantz.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 107, 11
(
Hagenau
1534
):
wen eyn kindt des andern spottet / solchs wanckelmuͦts halben / so sagt es / Geb arsch / nem arsch. Du hast mir es yetzt gegeben / und nimhst mirs bald widder / wie unstet bist du.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
E sich ain bader tæt weren, | Er tæt aim e das har im ars abscheren.
Wie si [kupplerin] ir [die jung] tüg den ars verkouffen.
Der die buoben all in min segi hüb! | Wie wolt ich in die ers zesamen binden!
Hat aine ain ars als ain brett, | Si kan in grosz und dik machen, | Den henkt si ze nacht an ein stang.
Fuchs, Murner. Geuchmat
3575
(
Basel
1519
):
Do ich myn guͦt ir als geschenckt | Vnd hat irs an den ars gehenckt.
Ebd.
4821
:
wen sy gadt den steg | Vnd mit dem arß loufft vß dem weg.
Wiessner, Wittenw. Ring.
395
(
ohalem.
,
1400
/
8
):
si auch zesamen ritten | So chrefticleichen und so hart, | Daz graf Burchart an der vart | Dem rosse auf dem ars gelag.
Ebd.
2103
:
Den frawen ist der ars ze prait, | Daz hertz ze smal.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
Augsb.
,
um 1440
):
so sy nu horen, wye man reformiren will, so hencken sye yr eyde uff und yr glubde und kerent dem concilio den ars.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Der arß vbertrifft alles wischen / das ist / dem vngluͤck / so er jhm selber zugericht hat / ist nicht zu helffen. [...]. Grosser arsch / grosse brüch. Geben hat ein weiten arsch. [...]. Der arß lest sich mit traͤbern wischen. [...]. Wenn der Hund nicht lustig ist zu jagen / so reitet er auff dem arß.
Turmair (
moobd.
,
1529
):
die Teutschen, sein nur fresser und weinsaufer, müessen alweg ir huern mitfüern und die hauptleut ir linde pett am ars haben.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
deu [pruͦch] ist ıͤm von großm zorn | duͤrchl vor dem ars warn.
da von huͤtt der peutl alsant, | oder ıͤr wert uͤbern aͤrs geprant.
Froning, Alsf. Passionssp.
4606
;
Schmitt, Ordo rerum
346, 13
;
Gille u. a., M. Beheim
104, 840
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
13, 1
;
Wiessner, a. a. O.
1381
;
6611
;
Barack, a. a. O. ;
Zarncke, Brant. Narrensch. S.
322
;
Sappler, H. Kaufringer
30, 10
;
Giustiniani, Adam v. Rottw.
242
;
Dietz, Wb. Luther ;
Preuss. Wb. (Z)
1, 213
;
Schmeller/F.
1, 148
.
3.
im folgenden Beleg Gebrauch des Wortes auf der Metaebene:

Belegblock:

Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Es reimpt sich das gar nit, so wenig, als ars und Friderrich.