besingen,
V., unr. abl.
– Gehäuft obd.
1.
›etw. (eine kirchliche Funktionsstelle, einen Funktionsort) pflichtgemäß versorgen, als Priester, Seelsorger tätig sein, regelmäßig die mit einer Funktion verbundenen Handlungen vollziehen (z. B. die Messe lesen) und mit all dem die Stelle besetzen‹; mit Verschiebung der Bezugsgröße: ›(z. B. die Messe) lesen‹; auch: ›(ein Gotteshaus) mit Gesang erfüllen‹.
Phraseme
braut und bare besingen
›die mit Hochzeit und Tod verbundenen rituellen Handlungen vollziehen‹; oft Formeln:
besingen und belesen / besitzen / bestellen / versehen / versorgen
.
Syntagmen
den altar / chor, die capelle / kirche / pfründe / orgel b.
, ironisch:
die capelle ziemlich b.
›einen guten Schnitt machen‹, verschoben:
die messe, das evangelium b.
Wortbildungen:
besinger
(a. 1356f.).

Belegblock:

Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
dy cappell zu Lobenhusen musz ein igklicher capplan zu Trinspach alle suntag und alle freitag besingen.
Karnein, Salm. u. Morolf
102, 24
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
werent gewihet die helden bald, | sie besungent wol ein wites munster.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
obd.
, Druck
1521
):
der da stift ein pfründ in die ewigkeit und wil daß si besungen und belesen werd.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1403
):
daz ein ieglicher priester in derselben kilchen gephruͤndet und gotzbegabet da selbes sitzen und wonen sol bi siner pfrůnde und sol die selber besingen.
Boner, Urk. Aarau
90, 5
(
halem.
,
1359
):
allen den, die den selben altar von recht besingend [...] fuͥnf muͥt kernen geltes ab minem huse.
UB Zug
220, 39
(
halem.
,
1385
):
dz ich dú phrůnd behůb unn ich si besung.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1454
):
die wile er das werk vnd orgel besingen vnd versorgen kan.
Fuchs, Kart. Aggsbach (
moobd.
,
1395
):
von seinen kyrichen, die zu seins convents tisch gehoͤret und die er mit muͤnichen seins oͤrdens besingt, ain hilf und stewer ze nemmen.
Koller, Ref. Siegmunds ; ; ;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
2.
›die Totenfeier, Totenmesse, einen Trauergottesdienst für jn. abhalten‹; dies erfolgte vor der Beerdigung (
praesente cadavere
) oder danach; es konnte losgelöst von der Beerdigung an Gedächtnistagen nachvollzogen werden.
Phraseme:
jn. ob erde besingen
›die Exequien angesichts der Leiche abhalten‹.
Syntagmen:
jn. b. (lassen), jn. erlich / erwirdig / herlich / köstlich b. (lassen), jn. mit dem capitel b., jn. mit vigilie/ jarzeit/ selmesse b., jn. bei seinem lebtag, nach ordnung b.; unbesungen liegen
.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
els.
1521
):
so iemant etwan ains seiner verwanten oder sunst zů besingen laßen wil, es sei mit vigilg, besinknüs, sibent, dreißgast oder jarzeit.
wann zwai in aim dorf mit tot abgond, so besingent irs nit mit ain ander, sunder nach ain ander, als von des opfers wegen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
/
1500
):
den fůrt man wider gen Augspurg und begrůb in und besang in.
Ebd. (
v. 1536
):
Fugger, da er sein frauen Katherina Dorsin hat laussen besingen, sind 4900 menschen an der spend gewessen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw. (
schwäb.
,
v. 1542
):
Denselbugen [Fucker] hat man mit dem gantzen capitel hie zu Weyssenhoren besungen.
Langmantel, Schiltb. Reiseb. (
oobd.
,
n. 1427
):
ir reych leutt lassen (sich) vil pei iren lebenting besingen.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Der lag lang unbesungen; zu dem jüngsten besang man in gar erwirdigklich, und ward begraben.
Chron. baier. Städte. Landsh. (
moobd.
,
1478
):
Da besang man in ob Erde und gieng yeder man gen Opfer.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
lies Alexander von stundan sein vater herlich gein kirchen tragen, besingen und zue der erd pestäten.
3.
›etw. feierlich vortragen‹.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
34, 48
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Dis sein die wort | pesungen hie, | als man seu list, | so haben sy ein ort.
4.
›(die Töne eines Orgelwerks) an der Singstimme prüfen‹.
Syntagmen:
das werk b.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a.
1531
).
5.
›Spottlieder auf jn. singen‹.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
in keinem wege zu gestatten, m. g. H. zu besingen oder sonsten ungehorsamlich zu bereden.
6.
›singen (von Vögeln)‹.

Belegblock:

Matthaei, Minner. I, (Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
so lustlich da besingen | hort ich golander und nachtigal.