grim,
grimlich,
Adj.;
zur Einheit des Wortes s. (
der
).
1.
›aufgrund eines vorangegangenen Ereignisses erregt; zornentbrannt, wütend, erzürnt, haßerfüllt, gewalttätig; jm. feindlich gesonnen; entschlossen zu einer Tat‹; ütr.: ›sauer, vergoren (vom Wein)‹;
vgl. (
der
1.
Phraseme:
jm. einen grimmen zan zeigen
›jm. hart entgegentreten, jm. die Zähne zeigen‹.
Bedeutungsverwandte:
 2, , .
Wortbildungen
grimhaftig
(dazu bdv.:  1),
grimmütig
(dazu bdv.:  1,  1, ),
grimwütig
,
grimzornig
.

Belegblock:

Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
[Der selb volant] ward dan so grim vnd so bose / vnd griff vmsich mit sinen vilen henden.
Voc. Teut.-Lat.
m viijr
(
Nürnb.
1482
):
Grymhafftiger od’ grymiger.
Gille u. a., M. Beheim
56a, 19
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
,das wer mir leit.‘ | aus grimem czorn | er [leb] czu dem esel jach: [...].
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Und haben grimm-zornig zu rach | Nacket außzogen an den enden, | Ihn creutzweiß mit füssen und henden | Außgespannet.
Ebd. (
1557
):
O weh, wer hat uns nur verschwatzt, Daß mich der meßner also dratzt? | Er ist zornig, wüetig und grimm; | Ich muß mich wol hüten wor im.
Ebd. (
1560
):
[Rhea] ist im kloster schwanger worn, | Deß ist in grimm-wütigem zorn | Der könig und wil sie lassen tödten.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
456, 6
(
els.
,
1362
):
Do der kunig daz grimme antlit sant Cristosori ane sach, von schrecken fiel er uf sime stůle.
Ebd.
737, 2
:
Noch waz das folk so grime uber in daz su in uf dem bistdůme furtribent.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Nit bis ein freunt des zornigen menschen noch engee mit dem tobigen
[Var. Augsb. 1477f.:
grymmuͤtigen
;
Froschauer
1530:
wuͤtenden
;
Luther
1545:
grymigen
;
Eck
1537:
vnsinnigen
]
mann.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
so wir sie woͤln widerfechten | Ein grimen zan den tempelknechten, | Den gugelbůben gleißner zoͤgen.
Adrian, Saelden Hort
2076
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
sich hůp ain grimmes schallen | von den vrehtern allen.
Bachmann u. a., Volksb. (
alem.
,
15. Jh.
):
sachend daz grim louffen des volks unnd horttend auch das geschrey.
Menge, Laufenb. Reg.
2841
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Wir hand ouch wol entpfunden | Das aller trüber wine schatt | Dem magen vnd gebläste hatt | Den suren vnd den grymen | Vermyde / wann er machet das krymen.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
[Herodes] Erschrak von disem wunder | Und wart betrůbet und grim.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
528
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Und sprach zů in die goͤttlich stimme | Mit suͤsszen worten und nit grimme.
Ebd.
1543
:
Das er doch grÿmmlich dar nach | Gerochen hat mitt strenger rach.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
und wart der kayser Constantinus als grim über die, die wider Christum waren.
Maaler (
Zürich
1561
):
Grim vnd hoͤn gegen einem sein. Crudelitatem in aliquem adhibere.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1477
):
dann sovil yedes gewissen der gerechtigkayt dem menschen die zäher auß den augen, mit betruepten seufftzen und grimmen angesicht ainander stilschweygend zůerkhennen geben haben.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
405, 6
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Hector was grimmes muetes - | dem künig thet er sein haupt inn mitten spalten.
Munz, Füetrer. Persibein
198, 3
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Der valannd vil seins plúetes | zer erden fliessen sach, | des ward er grymmes múetes.
Ebd.
265, 2
:
Das schwerdt zw paiden hennden | er nam im grymmen zorn.
Vgl. ferner s. v.
1
 1.
2.
›streng, hart, grausam, bösartig, gefährlich; sündig (als Eigenschaft von Personen und Sachen)‹;
vgl. (
der
2.
Bedeutungsverwandte:
,  1,  2,  36,  2, , .
Wortbildungen:
(am ehesten hier anschließbar)
grimsichtig
,
grimsichtigkeit
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wen do sich Got ane schult | Vor unser schult geruchte geben, | [...] | Wie grimme sie gebarten, | Daz duldete der riche | Dem tummen lamme gliche.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Crudelis. Grausam grimmig storrisch fraißlich vngehewr grimmsichtig.
Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
vber den grymmen tal von einem berg zu dem andern gieng ein steg der was tusent schriet lang.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
Sie sal zeugen irn grimmen willen als du meisteren, irn senften willen also du muder, und sal die unzochtigen und die ungeduldigen scherpliche berespen.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
48, 3
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
allso warendt die apostl / die vnmildt seindt / gellt begern / zehend begern / sein nit apostll / dann sie seindt nit milt / sonnder durr vnd grob / vnd wunderberlich / vnd grimm.
Gerhardt, Meister v. Prag
230, 21
(Hs. ˹
nobd.
,
1477
˺):
der gute mensch von dem reinen schacz seines hertzen der bringt das gut. der vbel mensch von dem grymmen schacz pringt das vbel.
Voc. Teut.-Lat.
ll iijv
(
Nürnb.
1482
):
Unmenschlich grymlich. crudeliter.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
dise zwene Otten worent so grimme und so wunderlich, daz der eine genennet wart ,blutiger tot‘ oder ,bleicher tot der heiden‘.
wan sü nun grym und starg worent, do woltent sü keynen zins geben und erslůgent des keysers botten.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Torvitas, Grimsichtigkeyt / scheützlicheyt des angesichts.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Wan got im [babst] nit entrunnen wer, | In himel gestigen also fer, | Er het in selber griffen an, | Der grim zinck vnd dapffer man.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Sein helle stymm | Ist mir ze grymm.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der eber bedäut uns die grimmen läut, die kain lêr guoter werch wellent nemen.
Sievers, a. a. O. ;
Hulsius
G iiijv
;
R ijr
.
Vgl. ferner s. v.
1
 11.
3.
›(in Ausmaß und Konsequenz für den Betroffenen) schrecklich, fürchterlich, grausam, entsetzlich; schmerzlich, schmerzhaft‹.
Wortbildungen:
grimsälig
.

Belegblock:

Jahr, H. v. Mügeln
105, 299
(
omd.
, Hs.
1463
):
wo aber schult genaden gert, | zu wachse wirt sins zornes swert: | das vor sneit grimmer dann ein für. | das gibet schult genaden stür.
Henschel u. a., Heidin
577
(
nobd.
,
um 1300
):
Si mvste liden den tot | Oder svst vil groze not | Die vil grimme were.
Fischer, Folz. Reimp.
41, 277
(
Bamb.
1485
):
When die plutspeyung zu ser mü | Und wer ein grimen pauchflus hab.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
264, 2
(
els.
,
1362
):
Also schiere in der keiser in dem rocke an sach, do fúrgas er alles sines grimmen zornes.
Roloff, Brant. Tsp.
283
(
Straßb.
1554
):
Es ist ein grymm unmenschlich gtaht | Das man dich also verwundet hatt.
Thiele, Minner. II,
1, 28
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
mynn dut bywilen lieb und leit, | mynn ist grym so lieb von lieb scheit.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
da us wielen die blůtgiessenden brunnen von den grimmen dornstichen.
Adrian, Saelden Hort
233
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
er giht nit grimmer stund si | den dú lip tůt der sele vri.
Stammler, Berner Weltger.
247
(
ohalem.
,
1465
):
Was meinet anders das grülich horn | Wann des grimmen gottes zorn, | Da mit er hüt wil richten.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Als sich Got wolt erbarmen | Úber úns [...] | Und komen uf dis erden, | Mensche wolte werden: | So minnekliche wart verkorn | Sin lang werender grimer zorn.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
die ruchen Behem [...] vom Bechamer wald an, durch Beiern, Schwaben [...] ein grime wuͤstung getan haben.
krieg, der nun 7 jar mit unzaͤlichem schaden und blůtvergiessen [...] land und luͤt hat grim durchechtet.
Sappler, H. Kaufringer
16, 48
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
ich main die grimmen hellepein.
Bauer, Geiler. Pred.
90, 30
(
Augsb.
1508
):
als ain mensche / den grimmen zoren der strengen gerechtigkait gotes / in sich bildet / darvon kommpt er in ain hertzliche forcht / ob er sich schon selber kainer missetat schuldig waißt.
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 10, 25
([
Augsb.
]
1523
):
dz auch die allr grim͂istñ feind die mir den tod schwůrñ [...] mir nit ain har vermochten krym͂en.
Klein, Oswald
20, 41
(
oobd.
,
1415
):
das mich dein zärtlich vmbefarn | in grimmer rache hie began | erschreken ser.
Karnein, de amore dt.
88, 58
(
moobd.
,
v. 1440
):
Wär nit vil pesser vnd endtlicher den tod mit willigkait einzügeen, dann alltzeit mit vnleidenlicher, grymsaliger pein vnd marter [...] gelaidigt werden?
Weber, Füetrer. Poyt.
260, 7
(
moobd.
,
1478
/
84
):
des erschray der ris vil laut vor grimmen schmertzen.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
di zben herren Detricus und Martinus stritten ainen grimen streit mit den Hunen.
Roloff, Brant. Tsp.
296
;
Fuchs, Murner. Geuchmat
415
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 310
.
Vgl. ferner s. v. .
4.
›nicht vom Menschen abzuwenden, unerbittlich, gnadenlos, erbarmungslos (zumeist vom Tod gesagt)‹.

Belegblock:

Karnein, Salm. u. Morolf
378, 5
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
din silber und din golt so rot, | das wiset manigen künen recken | in den ferch grimen dot.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
463
(
mrhein.
,
um 1335
):
ich habe die suht, | von der ich liden groze not. | Ich vohte, ez si der grimme dot.
Froning, Alsf. Passionssp.
6157
(
ohess.
,
1501ff.
):
wo sijt er hen, her grymme thoit, | das er mich nit wollet toden, | das ich komme uß mynen nodenn!
Jahr, H. v. Mügeln
111, 702
(
omd.
, Hs.
1463
):
sust rette er sin wares kint | von grimmes todes bunde sint.
Ukena, Kremsm. Sp. 
163
(
schles.
,
um 1350
):
Swester wir sullen vurcten dy not. | Dy do brennet den grimmyn tot.
Henschel u. a., Heidin
966
(
nobd.
,
um 1300
):
ich bin dir holt | Vnd wil gerne min leben | Dvrch evch dem grimmen tode geben.
Stammler, Berner Weltger.
24
(
ohalem.
,
1465
):
Herre, richt ab dem sünder grimme!
Wyss, Luz. Ostersp.
7291
(
Luzern
1545
):
er würt willig lyden | den grimen, hertten, bittern todt.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
288, 12
;
Schützeichel, a. a. O.
704
;
Leidinger, V. Arnpeck .
Vgl. ferner s. v.  7,  3,  1.
5.
›wild, unbändig, ungebändigt; unberechenbar, gefährlich (von Tieren)‹.

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
169, 14
(
rhfrk.
,
um 1435
):
der konnig hait ein antlitz / als eyn grymmer lewe.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Jch sprech, du werst ein wunder grimm, | Die man bringt auß Taprobana.
Gille u. a., M. Beheim
286, 109
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
sie hat gevangen und erjeit | den grymmen ainhorn unverzeit, | gezemet auff der wilden heit.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Die [junckfrawe] singet denn mit süeser stimm. | Wenn das gsang hört das einhorn grimm, | Schwind laufft es der junckfrawen zu, | Bey ir zu suchen fried und rhu.
Weil er [der jeger] das thier sieht also grimm, | Fleucht er.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
wart dem künige Phylippo ein gůt jung ros geschicket [...], das was also grym daz men es bynden můste.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
dye lewen haben feurin flammen, grimlich und zornlich gestalt.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Kament sú do fúr ain hol | Grosser, grimmer draken vol.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Duran ist ain tier grimme und scharpf und snel und gar starch.
der pard siht krums und gar scharpf. er ist auch gar ungestüem und grimm seins muotes.
[der aff] ist unmæzig mit ezzen, grimm mit peizen und gar unsänft.
der [greif] ist auzdermâzen grimme und übele und ist des leibes sô starch, daz er ainen gewâpenten man überwindet und in tœtt.
Dreckmann, H. Mair. Troja
31, 5
;
Pfeiffer, a. a. O. ; ;
Vgl. ferner s. v.  1.
6.
die über das Normalmaß hinausgehende Intensität eines Sachverhaltes unterstreichend: ›schlimm, arg, heftig, groß‹; speziell: ›bitter (von Kälte)‹; ›brütend (von Hitze)‹; ›heftig (vom Wind)‹; anschließbar an 3.
Wortbildungen:
grimkalt
.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1420
/
41
):
auch die nacht waren grimm kalt.
Ebd. (
15. Jh.
):
es was gar ein grim kalte nacht.
Gille u. a., M. Beheim
453, 1863
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Nun waz der wind unmasse | grymmlichen unde grasse.
Sachs (
Nürnb.
1548
):
Wenn es im winter ist grimm-kalt.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Do er [...] dez nahtes von noͤten des grimmen siechtagen nit mohte schlafen.
[vier widerwertig winde] Under dien ist einer, heisset aquilo und ist grimmer denne die andern.
Maaler (
Zürich
1561
):
Die grim͂ hitz. [...] Vngestuͤme vnd Grim͂e wind.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
also grime und tief was der schnee und was so unwegsam, daß sich niemant gerüeren kund.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Verr scherpfer und grimmer sint unser prêlâten, pischöff [...], die irn undertânen daz gaistlich prôt [...] niht pietent.
der vogel hât ainen grimmen hunger und wirt nümmer sat.
Chron. baier. Städte. Regensb. (
noobd.
,
1541
):
es was ein grim kalt tag.