1
lauge,
die
;
-Ø/–
;
zu
mhd.
louge
();
die Bedeutungsansätze 2-4 basieren auf unterschiedlichen Konzentrationen und Funktionen der Lauge, sie lassen sich zurückführen auf Bedeutung 1.
– Zur Sache:
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 284
.
1.
›Lauge, Lösung, die beim Auslaugen von Asche und Wasser entsteht und eine alkalische Reaktion aufweist‹.
Wortbildungen:
laugenasche
›Rest, Asche, die nach dem Abgießen der Lauge zurückbleibt‹,
laugenfas
›Faß, Gefäß zum Herstellen von Lauge bzw. zum Waschen mit Lauge‹ (dazu bdv.:  1, ),
laugengewürz
,
laugenkraut
›Pflanzen, die beim Verbrennen einen hohen Salzanteil in ihrer Asche aufweisen und daher zur Herstellung von Lauge geeignet sind‹ (laut insbesondere ›keltischer Baldrian; Marienkraut, Magdalenenkraut‹),
laugenhafe
(dazu bdv.: ),
laugenkante
›Laugenkanne‹ (a. 1577),
laug(en)sak
›Laugentuch, Aschenlaken, Sack zum Aufnehmen und Durchseihen von Lauge‹, auch als Schimpfwort gebraucht,
laugenscherbe
,
lauger
2 jeweils ›Laugengefäß‹,
laugschaf
›Geschirr zum Schöpfen von Lauge‹ (a. 1640),
laugtuch
(a. 1574).

Belegblock:

Loesch, Kölner Zunfturk.
4, 463, 3
(
rib.
,
M. 14. Jh.
):
3 roisten, 20 loigere, 8 halfveirdelflessen.
Voc. inc. teut.
o vr
(
Speyer
um 1483
/
4
):
Lauge͂sack od’ lauge͂scherb.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
42
(
osächs.
,
1570
/
7
):
muß man zuvor ein bindlein gewirret strohe unten auf dem löcherichten bodem in faß legen, damit kein gezeüg mit durch, sondern eitel reine lautere lauge laufet.
Keil, Peter v. Ulm
137
(
nobd.
,
1453
/
4
):
So nym die aschen von den weinreben [...], vngelscheten kalig [...] vnd wayd-aschen [...]. Vnd misch die drey stuck zusamen vnd thu die in ein laugen-hafen vnd geuß warm wasser dorauff vnd mach douon ein guten scharpffen laugen.
Voc. Teut.-Lat.
s iijv
(
Nürnb.
1482
):
Laugenhaffen. od’ gießfas.
Sachs (
Nürnb.
1549
):
du trinckst lieber wein den laugen.
Ebd. (
1563
):
Stürtz darnach auff dein haubet bloß | Dein laugenhafen weit und groß.
Ebd. (
1563
):
Bind an ein fuß ein laugenfaß, | Das schlepp nach dir ohn unterlaß.
Harsdoerffer. Trichter (
Nürnb.
1653
):
Asche. Deß abgestorbnen Holtzes Saltz [...] / das weißlich schwartze Laugen Gewuͤrtz. [...] Die Asche verjagt der Raben Brut / vertreibet die Schlangen / befrucht die oͤhlbaumen / heilet die rasende Hunde / begruͤnet den Reben / reinigt die Spiegel und moͤssigen Huͤgel.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Man.
14, 85
(
Bern
,
1525
):
das jeder ein besondre kappen hab, | der ein in lougsacks wis hinden ab, | der ander wie ein pfannenstil.
Major, Haussradt
A iiijr, 11
(
Basel
1569
):
Ich muͤßt han leinwat vnd stangen | Kübel gelten vnd kruͤg | Damit man wasser ein truͤg | Ein laugensack / melchter vnd züber.
Maaler (
Zürich
1561
):
Laugenkraut. Saliunca.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
17. Jh.
):
wer laug aschen dotenstrab, andern unflat alß dot katzen, dot hunt [...] auf die gaßen wurf, der ist verfallen alß oft daß geschicht 72 ₰.
Keil, Peter v. Ulm
413
;
414
;
Bächtold, N. Manuel. Papst,
106, 78
;
Winter, a. a. O. ;
Bremer, Voc. opt.
31055
;
Voc. Teut.-Lat.
s iijv
;
Lehmann, Rezeptb.
215
;
Öst. Wb.
1, 391
.
Vgl. ferner s. v. .
2.
›Salzlösung; scharfe, ätzende Lösung, z. B. zum Bleichen‹; auch ütr.: ›verletzendes Verhalten‹; offen zu 2.
Phraseme:
mit scharfer lauge waschen
›deutliche Worte sprechen‹;
jn. mit scharfer lauge zwagen
›jn. heftig schimpfen‹;
jm. die lauge aufgiessen
›jn. tadeln, schelten‹.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
/
9
):
Ich regne für und für mit scharfer Tränen Laugen.
Helbig, Qu. Wirtsch.
4, 17, 24
(
md.
,
1451
):
sollen [bleichmeister] doran flissiglich sien, das menniglichem sin gut wol vorwaret zu rechter zciit in und uss der lougen bracht, so das gut uffgebreitet ist, nicht zufaren noch zurissen werde.
J. W. von Cube. Hortus
6, 47
(
Mainz
1485
):
eppich vñ stabwůrtzel gesotten in lauge do von gezwagen ist gůt fur das hare vß fallen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
110, 11
(
Frankf.
1535
):
hart apostemen auff zu etzen / nimm vngeleschten kalck vermengt mit laugenn / [...] vnd den kalck vff ein hart apostemen gelegt / etzt ein loch drinn.
Luther, WA (
1544
):
Nu wil es S. Paulus etwas hart machen und sie wol zwagen mit scharffer laugen.
Er [Petrus] lieset in einen scharffen Text und wesscht mit scharffer laug.
Sachs (
Nürnb.
1550
):
Der ist ein rechter wenten-schimpff, | [...] | Freundtlich wie ein faust auff eim aug, | Und bösen kopff, ein scharpffe laug.
Spanier, Murner. Narrenb.
44, 17
(
Straßb.
1512
):
strycht den becklin varben an, | Vff das ir zierlich ynher gan. | Mit louwen machent ir üch glitzen.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
giessen daruon ein gůte scharpffe Laugen / die sie alßdañ schütten in ein grossen Kessel von stainen gemachet [...].
Haage, Hesel. Arzneib.
5r, 18
(Hs. ˹
noobd.
/
md.
,
E. 15. Jh.
˺):
solt nemen bonen und solt die sieden in ainer lauge.
Qu. Brassó
5, 459, 18
(
siebenb.
,
1613
):
Hat der Janos [...] dem Geczy Andras und seinem Anhang in seiner Praedigt rechtschaffen nach Verdienst die Lauge aufgossen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. ;
Rauwolf. Raiß f.;
Niewöhner, Teichner
230, 16
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 177
.
3.
›über Pflanzenasche abgestandenes Wasser, Waschlauge, mit Waschmittel versehenes Wasser zur Reinigung‹; oft in Übertragungen und Bildern für die moralische und religiöse Läuterung gebraucht.
Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhaltes sowie Fachtexte.
Phraseme:
jm. die rechte, eine scharfe lauge geben
›jm. eine Abreibung verpassen‹;
jn. ane lauge scheren
›jn. enthaupten‹.
Syntagmen:
jn. mit l. waschen / zwagen, etw.
(z. B.
das har / haupt
)
mit l. waschen; krug mit l.; (ge)rechte / scharfe l
.
Wortbildungen:
laugengelte
›Gelte für Lauge‹ (a. 1577),
laugenreibe
(wohl ›gelaugt und dadurch zum Reiben, Reinigen geeignet‹, möglich wäre der Ansatz
laugenreiber
›j., der mit scharfer Lauge wäscht‹; denkbar scheint auch Zusammenhang mit mhd.
rëbesche
›Asche aus Rebenholz‹: ),
laugenstande
›Bütte, in der Wäsche ausgelaugt wird‹ (a. 1469),
laugenwäsche
,
laugöfelein
(a. 1643).

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
):
du kanst alleine mir die rechte Lauge geben, | die Seel’ und Leib beglänzt.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wen nie nicht als unreines | Hir wart, wil iz sich waschen | Mit lougen riber aschen
(Konstruktion nicht sicher interpretierbar).
Peil, Rollenhagen. Froschm.
550, 1380
(
Magdeb.
1608
):
Der Kuͤchn Jung [...] | [...] | blies mir ins gesicht die Asch / | [...] | Schlug mir die Naͤgel in die Augen / | Wusch mir das Heupt mit solcher Laugen / | Das mir das sehen schier vergieng.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2185
(
rib.
,
1444
):
Alle unreynicheit ind onvlait | Die man zo wesschen dar in lait. | Dese louge is van also harder art | Dat geyne sunde en mach sijn so hart, | [...] | Leget man sij dar yn, si wirt gereynget.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Das sij gereyniget ist und schon geweschen | Mit der laugen von yren eschen!
J. W. von Cube. Hortus
84, 53
(
Mainz
1485
):
alle zyt sal man camillen blomen haben in der laugen dienet de͂ heubt woͤl.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
96, 23
(
Frankf.
1535
):
das [...] geweschen werde die zehe mit frischer laugen.
Ebd.
110, 7
:
so gib jr einen halben eymer voll zu der überigenn laugen / vnd vnder den halben eymer misch ein pfundt saltz / vnd schütt das in die seyff.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
53, 4
(
Frankf./M.
1568
):
Wolher ins Bad Reich vnde Arm / | Das ist jetzund geheitzet warm / | mit wolschmacker Laug mã euch wescht.
gibt ihnen aber durch vier capita ein scharffe laug, schilt die Phariseer hart, das sie auch nicht werd sind der Zolner.
Ebd. (
1540
):
so schirt der hencker on laugen.
Keil, Peter v. Ulm
51
(
nobd.
,
1453
/
4
):
ein pad: Nym ein stentle, daz gee piß an das knye, vnd mach ein laugen von puchein aschen.
Euling, Kl. mhd. Erz. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
):
des morgens früe thüe deine augen | solt sauber machen mit der laugen.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
das die leut do [an der waschpanck] waschen, doch das niemandt do leugen oder fewer schüre.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1517
):
adi 15 dito het ein laugenwesch, dt 4 weschin a 20 ₰.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
Geh in das gwelb und hol ein laugen | und heytz das bad!
Michels, Murner. Badenf.
4, 2
(
Straßb.
1514
):
Laugen machen. | Wer baden wel můß sich besachen | Das er auch künd ein laugen machen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
wie umb ein warm Wasser, das durch Eschen laufft. Das verlûrt sein Klarheit und wůrt Laug, noch so wescht es andere Menschen.
Barack, Teufels Netz (
Bodenseegeb.
,
1. H. 15. Jh.
):
So mocht si wol ain masen gesæhen, | Die si niemer möcht usweschen | Mit loug noch mit eschen.
V. Anshelm. Berner Chron.
5, 179, 5
(
halem.
,
n. 1529
):
Zů erzeltem vorbad ward dem heiligen vater ouch ein sunderlich heisse loͤke geben.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
298
(
Genf
1636
):
Mit [laugen] zwagen / [...] Caput alicui lauare lixiuto.
Bömer, a. a. O. ;
Belkin u. a., a. a. O.
110, 2
;
Loose, a. a. O. ;
Barack, a. a. O. ;
Thiele, Minner. II,
13, 203
;
Menge, Laufenb. Reg.
3352
;
3362
;
Rauwolf. Raiß ;
Strauss, A. v. Villanova dt.
177
;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 284
.
Vgl. ferner s. v.
1
 1,  1, , ,
1
.
4.
›Getränk, Aufguß, Mixtur aus einer Flüssigkeit (z. B. Wasser oder Wein) und verschiedenen Kräutern, Gewürzen oder Mineralien zu medizinischen Zwecken; Salbe‹.

Belegblock:

Follan, Ortolf. Arzneib.
81, 5
(
rib.
,
1398
):
Comet et auer von kelde, so mache eme duͤsse edelen loghe. Nym wynez eyn half vyrteyl vnde sermontan vnde encianis.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
76, 17
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Laß daz viech vom erlenlaub oder lauge von neuen gesottenem garn saufen.
Keil, Peter v. Ulm
154
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Nym walwurtz j firdung vnd sewd das in laugen vnd streich es auff ein leder.
Sudhoff, Paracelsus (
1528
):
das du den mummia brennest [...]. darnach ein laugen darvon gießest und widerumb insiedest.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
213r, 5
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Fv́r die milwen mach ain puluer mit / mistel, der ab ainr affeltrun kume, vnd / warmůt vnd mach ain loͮg.
Broszinski, Minner. Chir. Parva
71v, 15
(
halem.
,
2. H. 15. Jh.
):
Das erst
[Heilmittel]
(ist) ein epithima von loͮgen vnd ist Galieni, Rasis vnd Auicenne [...], dann es zerteilt: 1.) Rp. loͮgen von weideschen, loͮgen von rebeschen, loͮgen von fareneschen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
etleich tuont auch wermuot in ir laugen für die milben.
Deinhardt, Ross Artzney
369
(
oobd.
,
1598
):
Das einem gaull die weissen harr, so vnder dem sadtl bekhumbt, widerumben vertreiben khann Nimb bleyweiß, silberlett, vngelesten khalch vnd ain laug, die woll warm ist, dz dz pferdt erleiden mag, vnd darmit angestrichen.
Weitz, Albich v. Prag
151, 11
(Hs. ˹
oobd.
,
A. 16. Jh.
˺):
dicz puluer [...] misch es mit ainer laug, die von wein reben gemacht ist.
Ermisch u. a., a. a. O.
77, 13
;
Broszinski, a. a. O.
84v, 18
;
Rohland, Schäden
470
.