auflassen,
V.,
unr. – 1-3 zusammengehörig unter dem Aspekt der Zunahme an Höhe / Weite / Umfang; 4 und 5 daran anschließbar als Ütr.; 6-10 zusammengehörig unter dem Aspekt der Aufgabe von etw.; 11 und 12 isoliert.
1.
›jn. auf eine höher gelegene Stelle hinauflassen‹.
Syntagmen:
jn. auf den turm a.

Belegblock:

Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. (
alem.
,
um 1430
):
hettind sin diener und die er da
[auf die Festung]
uffließ, vormauls gejegt bischoff und prelaten.
2.
›sich öffnen, aufbrechen (z. B. von Wunden)‹; ›etw. öffnen, weiten‹.
Bedeutungsverwandte:
 4; vgl.  4.

Belegblock:

Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
228v, 7
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
das sich dy stich, dy do genat synd, / auf gelaßen, so renige dy bunden mit einer / erczteij.
Maaler (
Zürich
1561
):
Auflassen / aufthuͦn / weyt machen.
Dietz, Wb. Luther .
3.
›anschwellen (von Gewässern)‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.

Belegblock:

Schweiz. Id. (
um 1600
).
4.
›sich respektheischend verhalten‹.
Syntagmen:
sich eines dinges a.
;
sich wegen der fromkeit a.

Belegblock:

Schweiz. Id. (
16. Jh.
).
5.
›sich erheben, sich empören, aufständisch werden; gegen jn. zu Felde ziehen‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  10,  3.

Belegblock:

Rwb (a.
1377
);
Schweiz. Id. (a.
1656
;
1658
).
6.
›etw. aufgeben, auf etw. verzichten‹; im religiösen Sinne auch: ›(Gott) seinen Willen anheimgeben‹.
Phraseme:
den geist auflassen
›den Geist aufgeben, sterben‹ (dazu bdv.: vgl.  5); als Formel der Rechtsverwahrung:
alle gefärde / argelist ganz aufgelassen.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
als er begonde intsebbin, | daz er nicht mochte ebbin | dî lant vorwesin beidintsamt, | des lîz er ûf daz eine amt.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
Hans Poplitz muste das schultessenammicht ufflassen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
ir ime zuͦ widemen und zuͦ estúre gegeben und ufgelossen hant uweren eigenen willen und alle froͤde.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
30, 28
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
er enphalich sich dem vater sein | und naigt das hawpt in jamers pein. | und sein geist / er do auflie.
7.
›rechtsförmlich auf etw. (meist: ein Grundstück, seltener: ein Recht) verzichten, die Verfügungsgewalt über etw. aufgeben‹, teils mit Tendenz zu: ›etw. verkaufen‹; meist als Synekdoche: ›(jm.) etw. rechtsförmlich (zum Eigentum, zum Besitz in unterschiedlichem Rechtsverhältnis) übertragen, übergeben; jm. etw. (z. B. Zinseinkünfte) überlassen‹; Spezialisierung zu 6.
Beleghäufung im Md., slow. Inseldt.; rechtsgeschichtliche Texte.
Syntagmen:
(
jm.
)
den acker / garten / zins, das ampt / erbe / geld / gut
(mehrfach)
/ gefälle / vorwerk / lehen / reich / fürstentum, die herschaft / meisterschaft / pfandschaft / vormundschaft / zeche a.
, (
jm.
)
vor gericht, vor dem richter, vor den schöffen etw. a.
;
aufgelassenes recht.
Wortbildungen
auflasbrief
(dazu bdv.: ).

Belegblock:

Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
; Var.
E. 15. Jh.
):
sint denne richter unde scheppin, vor den das erbe uff gegeben
[Lb:
uffgelassen
]
was, vorstorben.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do liess her mit konigk Karlen tedingen, her wolde om das reich uff lassen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
35, 23
(
thür.
,
1474
):
sy habin ym sollichin dertten teyl uffgelaßin vor gerichte.
Ebd.
36, 37
:
her habe geredt unde gelobith, er wolle ir daz ufflaßin unde lyhen laßen.
Ebd.
39, 18
:
daz ym daz an geborlichin stetin von synem wybe gegebin unde, also recht ist, vorreychet unde uffgelaßin were unde solliche gabe nach der ufflaßunge jar unde tag ane weddersprache gestanden hette.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
Das weib hat irem manne aufgelassen all ir gut, das sie itz und oder imer gewinne.
das ir ir eelicher wirt vor gerichte und gehegter pank aufgelassen und gegeben hat alles, das er hat.
Ein bruder ließ dem andern seinen teil auf an seinem erbe.
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
111, 31
(
osächs.
,
1530
):
das Franz Schmit auflet und ubergitt den Uswalt Schmidel die halbe zeche.
König-Beyer, Reichenb. Stadtb.
18, 16
(
nböhm.
,
1551
):
das heut [...] vnser mitwoner Hans Schorse [...] seinem ehelichen weibe Katharinen [...] vffgelassen, entreumet vnd vbergeben hat zwei teil an den ligenden grunden.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
26, 15
(
schles.
,
1349
):
habin di selbin brude’ Wiske vñ Niclaws peczsch uf gelazin vnde sich vorczigen alles des rechtis.
Ebd.
131, 9, 6
(
1345
):
daz her [...] hat vorkouft, vf gelasin vnd vf gereicht den erbern lutin, [...] alle daz teil d’ voytie.
Unger, Richtes Stig (
schwäb.
,
15. Jh.
):
Wiltu clagen auf den, der deins vorfarrenn gelt aufname, das er im die lehen auflassenn solt.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
20, 24
(
mslow. inseldt.
,
1568
):
hat er ihn den Weingarten aufgelośen, den er hot ihn durch recht nit vermaint Zu er halten.
Weizsäcker, a. a. O.
13, 3
;
Grosch u. a., a. a. O.
261, 9
;
Kisch, a. a. O. ; ;
Bindewald, a. a. O.
130, 4, 11
;
137, 20
;
154, 12
;
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
353
;
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. ;
Rintelen, B. Walther
4, 5a
;
Grothausmann, a. a. O.
46, 1
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 241
;
Haltaus
60
;
Scherzius
67
;
Arndt, Bresl. Kanzlei. .
8.
›(einen Grubenbau o. ä.) aufgeben, verlassen, liegen lassen‹; vereinzelt: ›liegenbleiben‹. Da die Aufgabe von Grubenbetrieben nicht im Interesse der Bergherren lag, war sie Gegenstand rechtlicher Regelungen. Diese betrafen die Gründe (nicht bewältigbare Wassermengen, Erzarmut), die rechtlichen Modalitäten (Zustimmung der Gewerken, Besichtigung durch die Geschworenen), den technischen Ablauf (Verstürzen der Hohlräume) der Aufgabe; Spezialisierung zu 7.
Omd.; bergrechtliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
, .
Gegensätze:
 7.
Syntagmen:
die strecke / zeche, den ort / stollen a.
, fachtextlich oft auch ohne Obj.;
zeche
(Subj.)
a.
;
j. auf den örtern a., j. in zechen a.

Belegblock:

Löscher, Erzgeb. Bergr.
156, 21
(
omd.
,
1554
):
Zechen, welche unter den stolln von wegen der waßernoth, armuth der ertze oder anderer ursachen halben auflaßen.
Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
,
1509
):
So man in einer tzechen tieffe stollen, strecken ader ander ortter ufflassen, verbawen ader versturtzen wil.
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
190, 21
(
osächs.
,
1530
):
So aber die gewerken wollen auflozen und nimer bauen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1528
):
haben zum pesten erkandt, das wir in der Eyssenzech ausprochen haben 8 lochter und haben nichts erlangt. In dem ist mit willen der gewerken aufgelossen.
Ebd. (
1528
):
So man die tiefesten oder schacht mit wasser uffgehen lest und so in einer zech die tiefesten stollen strecken oder ander ortter ufflassen oder versturzen will.
Ebd. (
1528
):
Wo ein gewerckschaft wassernot halben ir wasser nicht halten kundte oder ir erzt gar ausgehauen were, dass durch die geschworen besichtiget und dem also were, ir zech und wasser auflassen wollten.
Ebd. (
1537
):
dass solchs vorzukomen die gewercken ire gruben vor dem auflassen sollen befaren lassen.
Löscher, a. a. O.
112, 18
;
Ermisch, a. a. O. ; ;
Weizsäcker, a. a. O.
238, 13
;
Wutke, a. a. O. ;
Veith, Bwb. ;
9.
›die Arbeit einstellen, niederlegen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  29.

Belegblock:

Rwb (a.
1599
).
10.
›etw. aus dem Spiel lassen, ausschließen‹.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a.
1350
).
11.
wohl: ›jm. Unterschlupf, Beistand gewähren‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

12.
›etw. (Abgaben) einnehmen, erheben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11.

Belegblock:

Küther, UB Frauensee
385, 38
(
thür.
,
1528
):
Euernn churf. gnaden habenn [...] die schafftrifften auf des closters guthernn [...] innengehapt umb zinse aufgelassen unnd genossenn, one der probste zcum Sehe [...] verhindernn.