2
leim,
leimen
(letzteres vorwiegend nrddt. / md. / nobd.; mittleres und späteres Frnhd; oft als Bestimmungswort in Komposita),
der
;
-(e)s/–
(für
leim
);
zu
mhd.
leim
›Lehm‹
().
›Lehm, aus Ton und feinen Sanden bestehende klebrige, zähe Erdmasse‹; sie diente als Wertstoff für den Fachwerkbau, als Material in der Töpferei und in verwandten Gewerken, als Arzneimittel für Mensch und Tier, als Hilfsmittel gegen Pflanzenkrankheiten, als Köder für den Tierfang; vielfach belegt ist die Erschaffung des Menschen aus Lehm durch Gott.
Phraseme:
den leimen klopfen
›auf den Putz hauen, prahlerisch herumreden‹;
jm. den leim klopfen
›jn. hart angehen‹;
des selben leimes sein; jn. im leimen stecken lassen
›jn. im Dreck stecken lassen‹;
jn. in den leim füren
.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2,  3, ,
1
 3, , , ,
2
.
Syntagmen:
den l. auftragen / bereiten / beren
›zu einer klumpenfreien, verarbeitbaren Masse durchwerken, schlagen‹
/ fressen / füren / graben / kneten / temperieren / treten; der l. zu seinem wirker sprechen, wieder den töpfer denken; j. (Adam) aus l. werden, als der l. an etw. kleben; etw. mit l. bauen / begiessen / bekleiben / beschlagen / bewerfen / mauern, etw.
(z. B.
vögel
)
/ jn.
(oft:
den menschen
)
aus l. machen, etw.
(z. B.
den leichnam
)
von l. machen; l. des erdreichs; der angemachte / gebrante / feste / gute / harte / neue / verbrunnene l.; ziegel aus l., wonung von l., mangel an l
.
Wortbildungen:
leimare
›Lehmgrube‹ (Grundwort wohl zu
Ar
III ›Furche‹; ),
leimechtig
›lehmig‹,
2
leimen
›etw. mit Lehm [s. u. Belegkommentar zu
Turmair
] zusammenpressen‹,
leimenfure
›Transport von Lehm‹,
leimenfürer
,
leimensweise
(Adv.),
leimenträger
,
leimentreter
(abwertend für den Töpfer),
leimeren
›aus Lehm‹,
leimerisch
(wohl eher hierher als zu
1
leim
) ›lösend, verdünnend‹,
leimfarb
(Adj.),
leimfüren
›Lehmtransport‹,
leimgaden
›Raum mit lehmbeworfenen Wänden‹,
leimgraben
›Lehm graben‹,
leimgräber
(16./17. Jh.),
leimgrope
›irdener Topf‹,
leimhake
›Haken, Werkzeug für Lehmarbeit (wohl: Hacke)‹,
leimhaue
›Hacke zum Graben von Lehm‹,
leimhaus
›Speicher‹,
leimicht
,
leimlader
(16./17. Jh.),
leimkarrer
›Lehmfuhrmann‹ (a. 1573),
leimkaule
›Lehmgrube‹,
leimkaute
(dasselbe),
leimklecker
›Lehmstreicher (ein Tagelöhner)‹,
leimkleiber
›für die Lehmfüllung von Fachwerk zuständiger Bauhandwerker‹,
leimkloz
(zur Symbolisierung Adams),
leimknolle
›Lehmklumpen‹ (a. 1540/41),
leimkorb
›Lehmhäuschen‹,
leimkreide
›aus Lehm hergestellter Bemalstoff‹,
leimscherbe
,
leimschlözete
›lehmhaltige Flüssigkeit‹ (a. 1519),
leimscholle
›Lehmklumpen‹ (seit 1. H. 16. Jh.; Bezug auf die Erschaffung des Menschen durch Gott),
leimseil
›Hanfstrang, der in Verbindung mit Lehm zum Abdichten dient‹, ˹
leimsteinwand
,
leimwand
˺ ›Lehmwand‹ (dazu ggs.:  2),
leimtopf
,
leimtreter
›Person, die den Lehmrohstoff durch Treten zu verarbeitbarem Material zubereitet‹,
leimtüpfen
(zu
-tüpfen
und
-topf
s.
R. Hildebrandt, Ton u. Topf.
1963, 321
f.),
2
leimwasser
›mit Lehm vermischtes Wasser zum Zwecke der Estrichhärtung‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
denn jch hab nit in meiner gewalt oder handt jr hertzen (der menschen) als der haͤffner den lehmen mit jm zuschaffen.
Ebd. (
1524
):
Jha wen wir than adder leyhm wehren, das wir auß der handt ein nasen konden machen, wie ein toͤpffer.
Ebd. (
1526
):
Wer nicht kalck hat, der mus mit dreck odder leym mauren.
Ebd. (
1544
):
wir wissen, das wir ja des selben thons und leims sind.
Ebd. (
1530
):
[ich] harre, ob du gelich verzeuhest und lest mich in leimen stecken.
Ebd. (
1527
/
30
):
deponam straminea tecta et apponam silberne zegel, Deponam die leymende
(hier Hypallage)
wende et cedrina latera adificabo.
Ebd. (
1532
):
Hoc fecisti, non, quando causa de iustitia, peccatis, fromkeit, tum in den lem gefurt, ut non possim extricari.
Ebd. (
1548
):
Das wir doch nach Jsaias rat zu erst in vnser hand schaweten, wenn wir etwas fuͤrnemen, obs Gott oder Abgott, obs gold oder leimen were.
Alberus, Barf. (
Wittenb.
,
1542
):
Nidrige Huͤtten / von Leimen mit sprew gemenget.
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
66, 20
(
um 1571
, Hs.
1615
):
der Eüsser leib, ist ein Wohnung von Laimen gemacht.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
243, 6142
(
Magdeb.
1608
):
So ward der geringest der beste / | Die leymern wand ein steinern feste.
Ebd.
324, 1992
:
Damit der Baw endlich fortgieng. | Rieth der Maͤwrer zu Kalck vnd Stein. | Der Leimtreter zu Thon vnd Leym.
Ebd.
333, 2278
:
Warffen mit Knuͤtteln vnd mit Steinen / | Mit Erdschollen vnd hartem Leimen.
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
29, 16
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
vorkart ist dirre uwir gedanke, rechte als ab der leym
[
Mentel
, Var. 1470:
horb
, 1475
1
:
katt
;
Luther
1545:
thon
]
dechte widir den toppher.
Ders., Marienb. Ämterb.
144, 15
(
preuß.
,
1409
):
2 grose eren leymtoͤppe, item 2 grose leymkessil.
Ebd.
146, 33
:
2 lange tegel, item 2 lymgropen.
Joachim, Marienb. Tresslerb. (
preuß.
,
1403
):
her muste es [rempther] zwir mit leymkryde wyszen.
Ebd. (
1405
):
8 scot den leymkleckern, die gemach wider zu decken.
Ebd. (
1407
):
Leymfuren [...]: item 30 m. [...] den grebern zu Ragnith gegeben of leymfuren zu vyr zigilschunen.
Ebd. (
1409
):
2 m. dem zygelstrycher of leymgraben.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
731, 6
(
preuß.
,
1437
):
5 gabeln, 2 schufeln, 2 leymhocken.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1503
):
der sal gestrichen schindeln nehst den latten under das stro legen und das tache mit leyme ader kothe begiesszen.
Helbig, Qu. Wirtsch.
1, 115, 5
(
md.
,
1545
):
Laimkleibern. Von Walpurgis bis auff Michaelis anderthalb grosch.
Scholz-Babisch, Klev. Rheinzollw.
477, 18
(
rib.
/
westf.
,
1604
):
tonnfisch 2 ½ gg. und van lijmkorben, vloeten und vhell 3 ort gg.
Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
einsmail geit er mit uis ins felt in ein leimkoil und [...] fiele die kuil in und er bleib also doit.
Lau, Qu. Siegburg (
rib.
,
1610
):
das Eulner-Handwerck des Backens der Leinenduppen.
Eckhardt, Ohess. Klöster
2, 411, 18
(
ohess.
,
1463
):
2 leymendreygern 2 t.
Ebd.
2, 458, 34
(
1528
):
23 alb. vor lemen- und steynfuer dem hofeman.
Wiese, UB Wetzlar (
Wetzlar
1347
):
ein stucke gelegin uf der leymkuͦthen.
Spanier, Murner. Schelmenz.
4, 20
(
Frankf.
1512
):
Des sühstu in [schelm] offt den leymen klopffen.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
82, 2
(
Frankf./M.
1568
):
Der Hafner. Den Leymen tritt ich mit meim Fuß | Mit Har gemischt / darnach ich muß | Ein klumpen werffen auff die Scheiben.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
160, 8
(
Frankf.
1535
):
Mann leget den gips auff das ortt da mann bluͦtfluß hat / so verstellt es jn / dann in jm ist ein krafft die da machet anhangen als leime.
Lippert, UB Lübben
2, 21b, 23
f. (
osächs.
,
1424
):
V g. zu leymgraben. [...] I g. zu leymladen.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
41, 33
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Dise stuck [...] mit guttem leimwasser eingemacht und den esterich damit ubergossen und ganz glatt gestrichen, machet ihn hart.
Ebd.
76, 12
:
nimb kreiden, poluß, eycheln, stoß es untereinander klein, item ein wenig neuen laim, [...], vogelbehre, zwibeln, [...] geuß es der kue ein.
Ebd.
201, 26
:
Hat der teich einen gutten bodem, der da leimicht ist.
Ebd.
227, 13
:
mit gebrantem leim und sonst leim, doch des gebranten leims mehr sey. Item las es in einem fessel knabenharn 8 oder 14 tage zusammen stehen.
Ebd.
266, 4
:
Auf feistem und auch auf leimichten erdreich bekommen sie [Kastanienbeume] selten.
Ebd.
269, 31
:
Welcher baum bluet und nicht tregt. In den bohre ein loch [...], thue darein lehm.
Mylius (
Görlitz
1577
):
Lutum Lehm / Bott.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
126, 7, 13
(
schles.
,
1387
):
das leymhaus sal habin eyne vreyge traufe al vme.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
):
großer mangel ist gewesen an wein und an pier; it. mangel an laimen zu hefen.
Gille u. a., M. Beheim
124b, 819
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wie er [Cristus] vöglin und crüge, | weirl und vischlin gemachet hab | ausser laimen der junge knab.
Lexer, Tucher. Baumeisterb. (
nürnb.
,
1464
/
75
):
ist gesetzt, das niemant leim graben soll bei dheinem weg umb und umb bei der stat.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
Es ist gleich recht auff dise tropffen, | Daß man in thut den laymen klopffen.
Ebd. (
1562
):
Und nennt den ledrer ein lohknoln, | [...] | Und den hafner ein leymendreter.
Ebd. (
1524
):
Ir seyt halt unnütz leüt [...]; ich hoff aber, man sol eüch pald den laymen klopffen.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
208r, 10
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
nim verbrunnen laim vnd tempe=/rier den mit starkem essich.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
nam er einen klotz leymen oder erden also gros also er einen menschen wolte machen und mahte darus Adam.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Mach wonung in der arch: vnd bestreich sy mit leitiger erde oder mit leim inwendig vnd auswendig.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
orhein.
1520
):
so erneret er [wolf] sich des raubs wo er mag, sunst aber so frißt er leim für hunger.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
Leymechtig erdtreich. Glis.
Sudhoff, Paracelsus (
1525
/
6
):
ursach von der eigenschaft der nieren, die so eine bituminosische und leimerische art in inen haben, die also die coagulirung eines steines zertreibt.
als etlich vertreiben in santsweise, etliche in melsweise, etliche in steinsweise, etliche in leimensweise.
Leisi, Thurg. UB
5, 282, 31
(
1349
):
der selb hof het j hus und ij schúran und j laingaden.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1400
):
und sol den lain mit der howen zwuͤrat hacken, und sol uf ain bancke ungevārlich nit me laimb schlahen, so er in berret, denne zuͦ anderhalb hundert ziegeln, und sol des tags nit me berren denne zwen benk und sol iedem banck súben geng tuͦn.
Volz, Prophet Daniel Z
2, 41
(
Zürich
1529
):
Das du aber fuͤß vnd zeehen gsehen hast / die eins teyls vss leymscherben / vnd eins teyls vss ysen warend.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1527
):
das an sömlichem end ein schedliche und irem ve ein sorgkliche fröschara und leimaren gesin.
Wyss, Luz. Ostersp. vor
295
(
Luzern
1583
):
Sol mitt loub oder Tannesten verdeckt vnd daby der leim klotz geruͤst sin.
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 36, 19
(
schwäb.
,
1426
/
27
):
28 h. von lain ze fürnde uff die burg zu aim herde in die kuchin.
Schwarz, Awürt. Lagerb.
2, 580, 13
(
schwäb.
,
1526
):
laymkorb [...] unden im Dorf.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 117, 28
(
schwäb.
,
1554
):
daß niemand sein bachoffen mit stro bedeck, es seie dan zuvor durch ain laimb gezogen.
Rot
326
(
Augsb.
1571
):
Lutum, Leim / teig / kleister / damit die Distilanten jr gleser verlutirn vnd vermachen / damit die spiritus nit verriechen.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Sein er ruͦmp tzǔ reht als der laim, | Der under ainer rinnen leit: | Also vertzeret er sein tzeit.
Schmitt, Ordo rerum
53, 8
(
oobd.
,
1481
):
laymstain wand [...] leym wand.
Weitz, Albich v. Prag
134, 19
(Hs. ˹
oobd.
,
A. 16. Jh.
˺):
Fur als fauls flaͤisch. Nym kleyen vnd geprantten laym vnd misch mit essich.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
322
(
oobd.
,
1607
/
11
):
Querci marini mancherley farben [...] sein vil verhanden, als purpurfarb, [...] laimfarb und blaichgelb.
Niewöhner, Teichner
8, 73
(
moobd.
,
1360
/
70
):
als er [got] Adam auch hiez werden | aus dem laim.
Ebd.
345, 47
:
der auf ein vesten grunt | paut da mit einem vesten laim.
Roth, E. v. Wildenberg (
moobd.
,
v. 1493
):
in der zeit pawͦt sie [weib] auch die aller sterckisten maur von gekochtem zigel aus laim umb die machtigen, edeln stat Babilony.
Turmair (
Nürnb.
,
1541
):
si [poeten] sagen, er [mensch] sei von Prometheo aus einem leimen gemacht.
Ebd. (
moobd.
,
1522
/
33
):
Man hat vil müe drauf legen müessen, pis man das papier gemacht hat: man hat’s auf einem pret aufeinander legen, pressen laimen slahen reiben, an der sun trücken müessen
[die Schreibung auf
-ai
weist eindeutig auf
2
leim
, inhaltlich ist wohl Verwechslung mit
1
leim
,
1
leimen
im Spiel].
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
52, 13
(
tir.
,
1464
):
Ich pin eingestekhet in die tieff des laimes vnd ist chain gruntuest da.
Eis, Gottfr. Pelzb.
162, 21
(
öoobd.
,
15. Jh.
):
wenn des weins fewcht chlebt an den vingern als der leym
[
1
leim
]
oder laym
[
2
leim
].
v. Maren, Marquard. Ausgabe
60, 42
(
Venedig
1483
):
der leyme dovon der leichnam gemacht ist.
Rechn. Hermannst.
369, 2
(
siebenb.
,
1503
):
mer hab ych lassen furen leym czw dem bacoben by den turrin.
Peil, a. a. O.
72, 910
;
193, 4560
;
Pfefferl, a. a. O.
52, 21
;
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
45, 9
;
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9761
;
Hübner, Buch Daniel ;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
8, 8
;
Ermisch u. a., a. a. O.
23, 7
;
41, 30
;
186, 36
;
Gille u. a., a. a. O.
79, 176
;
Lexer, a. a. O. ;
Wyss, a. a. O.
194
;
Volz, Prophet Daniel E
2, 43
;
Leisi, a. a. O.
5, 273, 19
;
Welti, Stadtr. Bern ;
Müller, Stadtr. Ravensb.
105, 5
;
203, 8
;
Mollwo, Rotes Buch Ulm ;
Geier, Stadtr. Überl. ;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ; ;
Bauer, u. a., a. a. O.
245
;
Niewöhner, a. a. O.
2320
;
Weitz, a. a. O.
144, 19
;
Deinhardt, Ross Artzney
317
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
43, 19
;
Bremer, Voc. opt.
13021
;
Schmitt, Ordo rerum
26, 43
;
Rot
324
;
Hulsius
L iijr
;
Schles. Wb.
2, 804
;
Patocka, Salzwesen.
1987, 156
;
Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 189
;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 77
.