nachrichter,
der
;
-s/–
.
– Obd.
1.
›einem
richter
nach-, untergeordneter Richter (
subiudex, posterior iudex
) mit einer Reihe von Hilfsfunktionen und Aufgaben allgemeiner Art (z. B. als Abdecker)‹;
vgl.  3,  1.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): ,  1, ; vgl. , .
Syntagmen:
den n. leidigen, zum klemezgen gebrauchen, auf den eid fragen, ob [...], der richter den n. rufen heissen, dem klager den n. geben
;
der n. der rechten pflegen / warten, der n. jn. behalten, dem vogt den dienst rufen, dem richter den stab reichen, gewalt haben, zu [...], die gefangenen behüten / besorgen, jn. dem klager antworten, einen busch
(zum Markt)
aufstellen, das vieh pfänden, jm. ausschinderlon shuldig sein, jm. die hand anbieten
;
dem n. die hant lassen
, [einen Betrag]
erteilen / geben, etw
. (z. B.
den hutlon
)
vorhalten
;
jn. hin zu dem n. füren
.

Belegblock:

Schmitt, Ordo rerum 111, 25.
18
(
obd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Subiudex nachrichter.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1498
):
Zum klemetzgen sol niemand kain andern pruchen denn den nachrichter oder den, der des pflegt zutuͦnd.
Auer, Stadtr. München (
moobd.
,
n. 1347
):
ob ener ze der andern chlag nicht chöm für recht. so sol der nachrichter [...] den selben dem chlager, der seine recht erlangt hat, antwurten und behalten ein den vodern rechten.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1380
):
Nachrichter. Daz ist dez rechten trewleich wart und pfleg, die gevangen trewleich besorg und behuͤtte.
Wutzel, Rechtsqu. Eferding
6, 25
(
moobd.
,
1371
):
wann der richter daz ehaft taiding sitzet vnd haizzet den nachrichter rueffen, ob iemand icht zechlagen hab, so rueffet der nachrichter dem voyt seinen dienst, daz rueffet er drei tag nach einander alle tag.
Ebd.
12, 52
:
Auch hat ain yegleicher des rhats ainer oder der nachrichter gewalt, frid zepieten ainem burger gehn dem andern.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
Darnach sol der nachrichter oder ander ettwer an seiner stat dem richter ain stäbl in die hant raichen.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
89, 5
;
Auer, a. a. O. ;
Bischoff u. a., a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  1, .
2.
›Scharfrichter, Henker, Vollstrecker der Todesstrafe (durch Erhängen, Enthaupten, Verbrennen); Person, der neben der Urteilsvollstreckung eine offene Reihe von Tätigkeiten, die im Vorfeld der Verurteilung liegen, zufallen konnte (Befragungen aller Art, Folter) und die auch für anschließende Tätigkeiten (z. B. für das Begräbnis) gebraucht werden konnte‹; in diesem weiten Gebrauchsfeld verwischen sich die Grenzen zu
nachrichter
1 (speziell im Abdeckereiwesen). Die oft berufene Unehrlichkeit des
nachrichters
findet sich in den Belegen kaum; sie ist wohl eher dem
nachrichter
1 zuzuschreiben (dies im Gegensatz zum ).
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
dem nachrichter jn. ab der hand schneiden
›jn. aus den Klauen des Scharfrichters ziehen‹.
Bedeutungsverwandte:
, ,  12, , , .
Syntagmen:
einen n. zu tode werfen
;
der n. jn. blenden / fragen
›verhören‹
/ nöten
›foltern‹ /
ausschleifen / töten / begraben, hart halten, mit dem schwert richten, vom leben zum tod abtun / jm. das leben nemen, das haupt, die hand abschlagen, das or abschneiden, die zunge ausschneiden, etw
. (z. B.
den brand, diebstal / mörderei / gotteslästerung
)
strafen
;
j. ein n. sein
;
dem n. lonen
, [einen Betrag]
geben, jn. befelen / übergeben, an die hand geben, die execution anbefelen, verhinderung tun, holz auf die richtstat füren
;
jm. etw. mit dem n. abfragen
;
jn. zu einem n. bestellen
;
der eid / friede, die belonung / zerung des nachrichters
.

Belegblock:

Apherdianus (
Köln
1575
):
Carnifex, ein beul / nachrichter / hencker.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
Des Nachrichters fride ausszuruffen. [...] Sol der Panrichter oͤffenlich aussruͤffen [...] vnd gut gebieten, dem Nachrichter keinerley verhinderung zu thun, Auch, ob jm misslunge, nit handt an jn zu legen.
so der Nachrichter vbeltetter vom leben zum tode richt, sol man jme von einer yeden soͤlchen person drey guldein geben.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1469
):
und ist darauf die execution des urthels dem nachrichter anbefohlen [...] worden.
Warnock, Pred. Paulis
28, 128
(
önalem.
,
1490
/
4
):
den
[Gefangenen]
pringt man mit pin und marter darzuͦ, daz er sin súnd und boshait muͦss bichten und verjechen. Er tügs gern ald ungern, was lons wirt im darumb? – Nútz anders, denn daz man in dem nachrichter an die hand git, der nimpt im sin leben, daz ist sin absolucio. Also geschicht allen dienen, die hie im zit der gnaden ir súnd nit wellint bichten
(hier auf den
bösen geist
in der
helle
ütr.).
Roder, Hugs Vill. Chron. (
önalem.
,
1525
):
am donsstag [...] wuͤrdend die zwen besswiecht hie von dem leben zuͦ dem tod und abgethon von aim nachriechter.
Jörg, Salat. Reformationschr.
851, 8
(
halem.
,
1534
/
5
):
er wer by sym bruͦder / der jst ein nachrichter undern landsknechten / der ander sin bruͦder / predicant zuͦ Ottenbach / under disen eerenlüten achdtt mann den hencker für den froͤmsten.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1554
):
das man denselben Hanns Rorer dem nachrichter bevelchen, [...], im daselbs uß gnad und barmhertzigkeit von siner jugend wegen sin hopt abschlachen, [...] soll.
Maaler (
Zürich
1561
):
Nachrichter / Peyniger / Hencker. Carnifex, Lictor, Tortor.
Müller, Grafsch. Hohenb.
1, 284, 7
(
schwäb.
,
1410
/
1
):
Dem nachrichter von dem Goͤwman ze blaenden 2 lb. h. und umb strik 1 ₰ 5 h.
Ebd.
2, 167, 42
(
1441
/
2
):
30 ₰ dem nachrihter ainer frowen von aym ore abzuschnidend.
Brinkmann, Bad. Weist. ;
Goerlitz u. a., Magd. Schöff./Schweidnitz
192, 14
;
Engel, Rats-Chron. Würzb.
216, 8
;
290, 8
;
Kohler u. a., a. a. O. ;
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
UB Zug
1071, 6
;
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ;
ders., Wirtsch. Bern
718, 20
;
Müller, a. a. O.
1, 362, 1
;
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. ;
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 660, 35
;
Barack, Zim. Chron. ;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 88
.
Vgl. ferner s. v.
1
(V.) 2,
1
.