aufbinden,
V., unr. abl.
1.
›etw. (unterschiedlichste Bezugsgegenstände) hochbinden, so binden, daß es nach oben steht‹.
Phraseme:
den hünern den schwanz a.
›Überflüssiges tun‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  2,  1.
Syntagmen:
das har, die krullen, den wein, die reben a.

Belegblock:

Luther, WA (
1533
):
dencken sie vollend leuse jnn den peltz zu setzen und den huͤnern den schwantz auff zu binden
(Erläuterung dazu bei
Thiele
, Luthers Sprichw. 117).
Gille u. a., M. Beheim
168, 33
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wie sy [weib] mit hauben, slairen, hulln | umb die haubet auf pinden cruln, | smeidig als gersten garben.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1519
):
dem Hans [...] die paumen czu schnaitten und wein aufpintten.
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. (
pfälz.
,
M. 16. Jh.
):
Hett ich ein buelen als mancher hat, | ich wolt im aufbinden sein gelbes har | [...]. |Ich wolts im auf binden inn rotes gollt.
Struck, Joh. Pfannstiel
177, 16
;
Adrian, Saelden Hort
5815
;
Trübner, Dt. Wb.
1, 138/39
.
2.
›etw. auf etw./jn. drauf binden‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 29, 9
(
Wittenb.
1545
):
seine Söne soltu auch erzu füren [...] vnd jnen die Hauben auffbinden / das sie das Priesterthum haben.
Maaler (
Zürich
1561
):
Aufbinden / oben darauff binden.
3.
›jm. etw. auferlegen, jm. etw. auftragen‹; Ütr. zu 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .
Syntagmen:
jm. ein ampt / gesez / kreuz a.

Belegblock:

Goldammer, Paracelsus.
5, 162, 18
(
1530
):
einem ieglichen ist séin kreuz selbs aufbunden, sich selbs zu bewarn.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
18. Jh.
):
wer gaiß will haben, der sols bewahren, damit sie niemant keinen schadten zuefiegen, und seinen dienstbodten guet aufbinten.
4.
›(js. Leiche) aufbahren‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
an der mittwuch in der cotember vor weiennechten band man in [kaiser] auf zu dem obersten tum zu Prag.
Ähnlich: Ebd. .
5.
›etw. (Getreide) zu Garben zusammenbinden, etw. (Reisig o. ä.) zu Bündeln heften, bündeln‹; auch allg.: ›etw. mit einem Gürtel zusammenbinden‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1.
Syntagmen
teils ohne Obj., teils mit Akk.d. S.:
frucht / gerste / stubet a.
Wortbildungen:
aufbinder
›derjenige Erntearbeiter, der die Garben zusammenbindet‹.

Belegblock:

Ermisch u. a., Haush. Vorw.
62, 4
(
osächs.
,
1570
/
7
):
wird einer jeden sichel ein nachrecher zum aufbinden geordent.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 34, 4
(
nobd.
,
1464
):
der halbpawer nicht aufpinter, aufsawmner und leger des getreyds in stadel schicket.
Loose, Tuchers Haushaltb. (
nürnb.
,
1515
):
2250 stübet
[›Reisigbündel‹]
aufczupintten.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1537
):
werden sollich acker, wisen und garten alle in fron geschnitten, uffgebonden, gemehet, gehewet und geembdet.
6.
›etw./jn. (unterschiedlichste Bezugsgegenstände, auch Personen) aus seiner Verschnürung, aus dem Verband, aus den Fesseln lösen‹, je nach Obj.: ›(verbundene Körperteile, metonymisch auch: jn.) aufbinden; (das Banner) entfalten; (einen chirurgischen Verband, aufgestecktes Haar) lösen; (jn.) losbinden‹.
Phraseme:
sak und seil a.
›jähzornig aufbrausen‹ (vgl. auch 8);
jm. die bund a.
›jm. das Bündel seiner Untaten öffnen‹.

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
167, 14
(
rhfrk.
,
um 1435
):
sneyt yme mit syme swert das seyle abe / vnd bande yme sin ougen vff.
Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Sus quamen die viende myt vieren | mit vpgebunden baneyren.
Luther, WA (
1530
):
die [...] bewme versetzen wollen, niemand kein wort verhoren noch zu gut halten konnen und flugs sack und seil auff binden, nichts dencken denn wie sie sich rechen und widder schlahen wollen.
Fastnachtsp. (
v. 1486
):
wiltu nit schweigen, | Ich wil dir erst die rechten punt aufpinden.
Keil, Peter v. Ulm
155
(
nobd.
,
1453
/
4
):
laß es vnter dem pand sten ij tag ee dann du es auffpindest.
Ebd.
254
:
wenn du das pain aufpindes.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Rengnold band inn wyder uf.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1388
):
der bischoff widersagt der stat Auspurg und pand daz guͦt
[›Tuchballen‹]
uff und tailt ez mit herzog Stephan.
Rot
347
;
352
;
Trübner, Dt. Wb.
1, 139
;
Winkler, Flugschr.
1975, 88
.
7.
›eine Verbindung von verschiedenen (chemischen) Stoffen wieder auflösen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 3,  4, .

Belegblock:

Rot
306
(
Augsb.
1571
):
Dissoluirn / Aufloͤsen / auffbinden / entbinden / zergehn lassen im wasser / das es ledig loß oder lind werde / wie es die Alchimisten brauchen.
8.
phras.:
in / mit zorn a.
›aufbrausend zürnen‹, anzuschließen an 6.

Belegblock:

Thiele, Minner. II,
15, 72
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
sie fúr wär doch nie het | kein untrúw an dir enpfunden, | und hat doch uff gebunden | in zorn gen mir oͮn alle schulde?
Maaler (
Zürich
1561
):
Mit zorn Aufbinden / Sich vast erzürnen.
9.
›jn. absolvieren, von seinen Sünden freisprechen‹; Ütr. zu 6.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  11,  2.

Belegblock:

Voc. inc. teut.
b vv
(
Speyer
um 1483
/
84
):
Aufbinden Relaxare Laxare absoluere proprie a peccatis.
Buijssen, Dur. Rat.
14, 16
(
moobd.
,
1384
):
di allain, [...] die gerecht sind in dem todleichen leichnam, habent ze enpinden und aufzepinden sam die czwelifpoten oder di [...] ir ler halte.