erbauen,
V.
Im Part. Prät. in etwa der Hälfte der Belege unregelmäßige Form:
erbauen
. – In allen Bedeutungsansätzen überlagern sich inchoative und durative Merkmale, sodass eine klare Abgrenzung dahingehend, ob die jeweilige Verwendungsweise primär den Beginn einer Handlung bzw. eines Vorgangs oder deren / dessen Verlauf bzw. Andauern fokussiert, in der Regel weder möglich noch sinnvoll erscheint.
1.
›etw. (Pflanzen, Früchte auf einer Landfläche) anbauen und einbringen‹; mit verschobener Bezugsgröße: ›(eine Landfläche) landwirtschaftlich nutzen, bestellen, bewirtschaften‹;
vgl.  2, zu  5.
Überwiegend Rechts- und Wirtschaftstexte.
Phraseme:
wol erbaut
›fruchtbar; landwirtschaftlich gut nutzbar‹;
erbauen land
›bestelltes Land, Ackerland‹ (dazu ggs.: ›Ödland‹).
Bedeutungsverwandte:
1
,  5,
1
 1,  9; vgl.  1, ,  4.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
flachs / hanf / wein, die erde, sommersat / wintersat, das feld / gut / korn / land / treid, den ungeschlachen acker / boden, reben / wiesen
)
e
.,
etw
. [wo] (z. B.
auf dem halbbau, der almende, den gütern, zu dorf / feld
), [wie] (z. B.
schwerlich / wol, mit schweis, schwerem kosten
)
e
.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
5, 606, 12
(
preuß.
,
1517
):
ween ein pawersmahn was zu vorkauffen hatt, welchs er auf seinen guttern erbawet, das sall er [...] queit zu werden, macht haben.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
45, 7
(
thür.
,
1474
):
er [...] schüldiget Ditherich Swartczin, daz sich der underzcogen habe synes wybes eygen erbuwet gud, sommersath unde wintersath.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
Dă fand er [Rengnold] erbuwen land und gsach ein hyrt.
Rennefahrt, Zivilr. Bern (
halem.
,
1613
):
dardurch gmeinen landtlüthen die winterung ires erzognen und yngestelten vychs [...] verthüret und das land destominder erbuwen wirdt.
Henisch (
Augsb.
1616
):
vnwerd ist auch ein land / das nicht erbawet ist / noch Volck hat.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Niderbaiern ist fruchtparer, pas erbaut.
Rintelen, B. Walther
146, 2
(
moobd.
,
1552
/
8
):
die Undertannen und die Jhenigen, so das Traidt erpauen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1569
):
Ob ain guet, wisen oder äcker, [...] inner jarßfrist nit gestift oder erpauet wierdet, so [...].
Mon. Boica, NF.
2, 1, 31, 21
;
151, 8
;
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
319, 32
;
Weissthanner, Urk. Schäftlarn
155, 15
;
Rot
287
;
Öst. Wb.
2, 566
f.
Vgl. ferner s. v.  7.
2.
›Erz abbauen‹; dies voraussetzend auch: ›einen Stollen anlegen‹; metonymisch: ›ein Bergwerk betreiben‹;
vgl.  4, zu  17.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3, , , (V.) 14.

Belegblock:

Luther, WA Tr. (
1538
):
Sie meien auf allen Enden aufs reineste ab, wie H. G. und G. A. thun im Bergwerk, das sie doch allein nicht zu erbauen vermögen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
107, 33
(
omd.
,
1548
):
Wurde in solcher zwiespaltiger arbeit ercz troffen und erbauet, [...].
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
um 1509
):
Da aber ein gewerk erzt erbauet, der selber nicht schmeltz, der verkaufft es andern hüttenherrn.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz.
28
(
mslow. inseldt.
,
1537
):
damit also die pergkwergk [...] zunutz erbauet mechten werd(en).
Ebd.
2
;
Veith, Bwb. ;
Öst. Wb.
2, 567
;
Patocka, Salzwesen.
1987, 139
.
Vgl. ferner s. v.  8.
3.
›etw. bauen, aufstellen, zusammensetzen‹; ›etw. aufbauen und seinen Fortbestand sichern‹; speziell: ›ein Gebäude errichten und instand halten‹; auch: ›einen Garten anlegen‹; häufig bildlich im Übergang zur Ütr.; im Einzelnen z. B.: ›eine Stadt, ein Reich gründen, stiften‹; ›eine Glaubensgemeinschaft gründen‹; ›eine Sippe, ein Volk begründen‹; in religiösen Kontexten speziell bezogen auf die Kirche als Gemeinschaft der wahren Gläubigen;
vgl.  34,  6789.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den garten / palast / sal / turn, die brücke / kirche / stat, das haus / königreich / volk, das götliche reich, die badhäuser / behausungen / brotbänke / galgen / pranger / schulen / stöcke / tempel
)
e
.,
etw
. [wie] (z. B.
herlich / schön / übel / wol
)
e
.
Wortbildungen
erbauer
›Begründer‹ (dazu bdv.:  3).

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
das sie [die Leute] davon gebessert und zu Gottes erkentnis bracht werden, und also die Kirche erbawet, gesterckt und erhalten werde.
Solch goͤttlich Reich wird allein regiert, erbawet, geschuͤtzt, fortgebracht und erhaͤlten durch das eusserlich Ampt des Worts.
Ebd. (
1530
):
Also wirdt eine kirche auch gottes haus genennet, welche menschen doch erbauen undt nicht gott.
also werden wir, die Christliche kirche, auch erbauet aus der seitten des rechten Adams, Christi.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Kor. 5, 1
(
Wittenb.
1545
):
WJr wissen aber [...] das wir einen Baw haben von Gott erbawet / ein Haus / nicht mit henden gemacht / das ewig ist im Himel.
Thür. Chron.
3r, 26
(
Mühlh.
1599
):
Diese Semiramis hat die sehr schoͤne Stadt Babylon in Assyria erbawet.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1537
):
dass uf unserer bergstadt Tarnowitz fleisch- und brotbänke [...] erbaut und aufgericht werden.
Turmair (
Nürnb.
1541
):
Tuitsch, von der erd geborn, und der sei ein anfenger und erbauer der Teutschen.
Ebd. (
moobd.
,
1522
/
33
):
Die pruck über den Regen haben hernach die von Regenspurg [...] erpauen.
Dietrich. Summaria
26v, 43
(
Nürnb.
1578
):
sie sollen [...] dem HERRN Christo sein reich auff erden erbawen.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Woͤlt ir die kirchen dan zerreissen, | Die so mit grosen ernsten fleissen | Euwere elter hon erbuwen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 234, 4
(
Hagenau
1534
):
Rom ward in eynem jar nicht erbawet.
Morrall, Mandev. Reiseb.
11, 25
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Des kaysers von Constantinopel palast der ist [...] gar wol erbuwen.
Ebd.
147, 19
:
Das ist ain groß kúngrich, es ist aber nit wol erbuwen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1564
):
so hat er auch ainen schenen garten [...] mit wasserwerck, luft- und badheusern erbauen [...] lassen.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
Letztlich seind ausser disen gebaͤwen noch jhre Badstuben / welche so herrlich vnd wol erbauwet.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
8, 38
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
erpawen wart nie kain sal so schon.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
17. Jh.
):
seint si auch genuegsamblichen befreit vermüg lantgerichtsfreiheiten stock, pranger und galgen zu erpauen, wie andere stött und märkt.
Rauwolf. a. a. O. ;
Weber, Füetrer. Poyt.
151, 5
;
Rot
287
;
Vgl. ferner s. v.  2,  2.
4.
›etw. (abstrakt Gedachtes) entstehen lassen, erschaffen‹; ›etw. auf etw. gründen, basieren lassen‹; ›etw. stützen, tragfähig machen, den Erhalt e. S. fördern‹; als Ütr. von 3 auffassbar;
vgl.  34,  12.
Bedeutungsverwandte:
 10,  5, (V., unr. abl.) 1, (V.) 4,  7,  13; vgl.  5,  23.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Die Menschen trawen GOtt nicht / so können sie nimmermehr ein gut Vertrawen vnter sich erbawen.
Luther, WA (
1537
/
40
):
do ehr, Christus, alles rein gemacht, gebessert und erbauet hat, da wollen sie [die Rottengeister] es endern und bessern.
Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
Derselbig vnderstehet ye zusagen / das Christi letster wil [...] nur vff ein blosse Figur vnd Gedenckzeiche͂ derselbigen [seins Leibs vnd Bluͦts] gericht / gestelt vnd erbauwet sei.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
daß Jahr ist erbawet von 365 tagen.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin (
schwäb.
,
1471
):
Ich kan kain trost vf erd erpawen!
Meisen u. a., J. Eck
37, 1
(
Ingolst.
1526
):
damit [...] bruͦderliche einigkeit widerumb gepflantzt und erbuͦwen werd.
5.
›jn. / sich (in / bezüglich e. S.) stärken, aufbauen, trösten‹; speziell: ›jn. im Glauben, in der Gottesgewissheit bestärken, aufrichten‹; bei Luther auch: ›jn. in seiner Rolle, Position stärken‹;
zu  2,  14.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1,  3,  2; vgl.  1,  1,
1
 4,  2.
Wortbildungen:
erbaunis
›Erbauung, geistlicher Trost‹ (16. Jh.).

Belegblock:

Luther, WA (
1523
/
4
):
Wenn wyr nu also erbauwet sind, sollen wyr keyn werck thun, etwas dadurch zuverdienen und selig zuwerden, sonder alles dem nehisten zu nutz.
Ebd. (
1527
):
[Die unfruchtbare Sarah spricht zu ihrem Mann Jakob:]
lege dich zu yhr [meiner magd], das sie mir auff meinen schos gepere und ich doch durch sie erbawet werde.
Göz. Leichabd. (
Jena
1664
):
[Gott] wil [...] sie [Eltern] so wohl im Glauben / als in der Liebe / im Gebeht / im Gehorsam [...] erbauet wissen.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1563
):
wellicher gesunden artznei der guetig, barmhertzig Gott sich selbst trestlich erbeut.