1
geschichte,
die
,
geschicht,
das
(letzteres seltener);
(für
die
),
-(e)s
(für
das
) /
, auch
-n
;
zu .
– Zur Lautung von 'Geschichte' in den rezenten deutschen Mundarten s.
regionalsprache.de, s. v.
.
1.
›Geschehen, Ereignis, das in einer objektartig vorausgesetzten Welt abläuft und die Aufmerksamkeit des Menschen auf sich zieht‹;
vgl.  1.
Zur Sache:
Lex. d. Mal.
4, 1322
 - 1327.
Phraseme:
an der geschichte
›in Wirklichkeit‹.
Bedeutungsverwandte:
 5, ; vgl.  5,  1,  4,  1,  78,  4, .
Syntagmen:
eine g. austeilen / bezeichen / beschreiben / erzälen / melden / offenbaren / wissen / erfaren / (be)sehen / ruchbar machen, eine g. in worte fassen, jm. eine g. sagen
(mehrmals) (jeweils affiziertes Objekt);
eine / die g
. (Subj.)
geschehen
(mehrmals)
/ ergehen / fürkommen, sich begeben / heben / zutragen, jm. wiederfaren / begegnen, schrift und g. überein treffen
;
einer g. gedenken / merken / vergessen / gewar werden, jn. einer g. entgelten
;
an einer g. etw. sehen, aus einer g. nuz haben, in der g. sich etw. begeben, in einer g. viele erstochen werden, vor einer g. etw
. [tun],
von einem g. (etw.) sagen, ungeduld um eine g. haben, jn. um eine g. hassen
;
die erschröckenliche / wunderliche / künftige / geschehene / lautere / grosse / seltsame / menschliche geschichte
;
die erzälung / verjehung / warheit, der beschreiber / verkünder der g
.;
erfarung in den geschichten, geschrift von den geschichten
.
Wortbildungen:
geschichtgedicht
,
1
geschichtlich
1 ›tatsächlich, real, wirklich‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
doch wil ich ein geschichte | [...] | ûch hî machin offinbar.
Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wen wir da sen an der geschicht | Alle die sich wol handelen | [...] | Daz unse aldern imme geiste san.
Wen geschoz die man vor besiet, | Schaden minner an der geschicht | Dan jene die man besiet nicht.
die geschene geschicht | Geschiet vor unser angesicht.
Darumb das die geschicht ynn die wortt gefasset und dadurch kundgemacht werdenn.
Last uns gehen gen Bethlehem unnd sehen das wortt, das da geschehen ist, das ist die geschicht unnd that, die da geschehen ist.
Ders. Hl. Schrifft.
Lk. 2, 15
(
Wittenb.
1545
):
Lasst vns nu gehen gen Bethlehem / vnd die Geschicht
[
Mentel
1466,
Froschauer
1530,
Eck
1537:
wort
]
sehen / die da geschehen ist.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
121, 2415
(
Magdeb.
1608
):
DJeser geschicht sie [Katze] noch gedenckt / | Wenn sie jrgend ein Meußlein fengt / | Beschawt sie das mit allem fleiß / | [...] | Obs nicht sey der schoͤne Gesell / | Vnd sich da in die Mauß verstell.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
Da geschach ein geschichte, daz di von Fredeberg irslugen den ediln knecht.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
117, 13
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Die geschycht geschach in dem mey / da die nachtegal songent.
Müller, Faustb.
928, 31
(
Frankf.
1587
):
Der Buͤrgermeister gieng mit jme / laͤchelte / dieses Geschicht zubesehen.
Froning, Alsf. Passionssp.
2871
(
ohess.
,
1501ff.
):
das mercket alle by myner geschicht: | das er von mer [Maria Magdalena] hot gesehen, | das muß uch auch allen gescheen!
Ebd.
6998
:
Her Pilate, ich muß uch jehen: | eyn geschicht hon mer gesehen!
Ebd.
7082
:
das ich dir sagen die geschicht | von Jhesu dem gerechten man.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
9, 20
(
Frankf./M.
1626
):
Weil aber die Beschreiber dieser Geschicht [...] / meldung thun / Vnsere Poesie auch deren etlicher vnd zwar vielfaͤltige gedencket / Als seynd die befindtlichen Nahmen hieher verzeichnet worden.
Mone, Adt. Schausp. (Hs. ˹
omd.
,
1391
˺):
ich gloube, daz got Jhesu Crist | selber czuekunftig ist | und wil selber siczen daz gericht | in sulhir großen geschicht, | und wil ouch selber orteyl geben.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
71, 26
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Do der bischof heym quam, do offinbarte her dy geschichte di ym worn widir varn von dem soldan.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Patriarchen vnd Propheten, | Sind verkuͤnder des geschichts, | Von Gott gelert vor alten zeitten.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
also hat herczog Ludwig vor dem geschicht auch riter geschlagen und ist er auch einer worden.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 59, 9
(
Coburg
1634
):
Zu der WohlRedenheit gehoͤret die Erfahrung in den Geschichten / in den Welthaͤndeln / in Geistlichen Sachen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
das der gefragt die bekanten missetat getan hat, Sunderlich so er solche vmbstendt sagt, die sich in der geschicht begeben haben.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
142
(
Nürnb.
1517
):
In den menschlichen geschichten ereugent sich das gotlich urteil so verborgenlich, das niemant weis, ob er der lieb oder des haß gots wirdig seie.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
358, 13
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
diz [nihtwesen] ist der almehtikeit niht undertenig, niht durch den gebresten der gotlicher maht, sunder wan ez niht haben mag reden dez geschihtlichen dinges oder dez müglichen.
Ruh, Bonaventura
311, 20
(
Basel
1507
):
Diewil es ouch allerwürcklichest, darumb so ist es eyn lutere geschicht oder würckung.
Wickram
4, 22, 33
(
Straßb.
1556
):
wer ein grosser wind von der wuͦsten har kummen / und das hauß zerrissen / also das es gantz zuͦ boden wer gefallen / und das volck alles im hauß zerschlagen / bis an den eintzigen knecht / so darvon kummen was / und dem Job die geschicht erzalt.
Heidegger. Mythoscopia
39, 1
(
Zürich
1698
):
Andre [Romans] seyn Geschichtgedichte / da allein die Umstande falsch / wie die Cleopatra. Andre Gedichtgeschichten / da alles durchauß erlogen.
Heydn. maister
21v, 1
(
Augsb.
1490
):
von dem er nachmals die geschicht vñ wz sich begeben het auß ganczer warheit erfuͦre.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Ich bitt, das du sagest ware, | So wie es sy umb diss geschicht.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1560
):
Jm Düringerlandt hat sich ain erschrockliche geschicht zugetragen.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Phe. Du waist villeicht nit die geschichten, so hie sind.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Darnach fragt Thobias, warumb doch das geschicht mit dem kindt war geschehen.
Darumb zel ich all geschicht an der kuniglichen maiestet beschehen, hier am mussigisten.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Seiner goetlichen weiszhait seinn alle vergangene ding vnd künfftige geschicht gegenbürtig.
Helm, a. a. O. ;
Kurz, Waldis. Esopus ;
Mone, a. a. O. ;
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
51, 45
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
450, 1
;
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
410
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3, 56, 94
;
Schlosser, H. v. Sachsenh.
407
;
Sappler, H. Kaufringer
9, 204
;
14, 375
;
421
;
697
;
Baumann, Bauernkr. Oberschw. ;
Barack, a. a. O. ; ;
Eschenloher. Medicus ;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Primisser, Suchenwirt ;
Drescher, Hartlieb. Caes. ;
Munz, Füetrer. Persibein
308, 5
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
17, 7
;
Dietz, Wb. Luther ;
Vgl. ferner s. v. ,  7.
2.
›Zufall; besondere Fügung‹.
Phraseme
von geschichte(n)
›aus Zufall, aufgrund irgendwelcher Umstände‹ (dazu bdv.:  2, ).
Bedeutungsverwandte:
 4, ; ›zufällig‹; vgl.  14,  1.
Gegensätze:
(s. v. , Adj., 23), ; ˹, ˺ ›aus welchem Grunde auch immer‹.
Wortbildungen:
1
geschichtlich
2 ›zufällig‹.

Belegblock:

v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
von geschichte sso slugk sie do der wynt yn die inseln genant Citharea.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Ist ein man verteilit gewest unde blibet lebendic, iz si von geschichte oder von ungeschichte, deme darf nimant keine antwerte geben umme den vride.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
1
(
Nürnb.
1517
):
darumb hat er [got] nit ungeferlich oder von geschichten, sunder vorsetzlich, wolbedechlich alle ding erschaffen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
er richte ein gewissen schuß: vnd schluͦg von geschicht den kunig jsrahel zwischen die lungen vnd den magen.
Niewöhner, Teichner
576, 67
(
önalem.
,
um 1433
):
wa geschichtlich velt ain man, | dem gehoͤrt die friung an.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
wann dir nit ettwas von geschicht zuͦfelt so hast in dir nit so vil vernunfft das du ettwas erdenckest dich zeneren.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Nu begab sich on alle geschicht, das herr Albrecht von Zimbern an ain besonder ort auf dem holz ritt.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
iedoch nement si
[Bienen]
kainen küng von geschicht oder ân fürsichtichait, si prüevent in vor, ob er schœn und grôz sei.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
geschach das des ertotten ritters suͦn den benanten seines vatters tótter von geschicht on kom und fieng.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Jahr, H. v. Mügeln
1877
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
74, 11
;
413, 5
;
Kurrelmeyer, a. a. O. ;
Niewöhner, a. a. O.
576, 116
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
13, 18
;
Brandstetter, Wigoleis
204, 24
;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ; ;
Mollay, Ofner Stadtr.
231, 4
;
Schmitt, Ordo rerum
256, 36
;
Mommert, Humery.
1965, 148
.
Vgl. ferner s. v.
4
(Adv.) 1.
3.
›Angelegenheit, Sache, Umstand, Gegebenheit (in sehr weitem Sinne), deren genauere Bestimmung aus dem Textzusammenhang hervorgeht‹, teilweise mit Generalisierung auf ›irgend etwas‹ hin.
Phraseme:
deheiner geschichte
›in irgendeiner Weise‹;
um keine geschichte
›um nichts in der Welt‹.
Syntagmen:
eine g. predigen / kasteien, die g. klagen, das [...]
;
sich einer g. verstehen, jn. einer g. unterrichten, einer g. an ein ende kommen
;
um die g. etw. tun, um keine g. etw. unterwegen lassen, nicht um eine g. wissen, durch eine g. betrogen werden, mit jm. g. haben
›Gemeinsames mit jm. haben‹;
mit was geschichte
›auf welche Weise‹;
die offenbare g.
;
nach gestalt der g
.;
die g., das [...]
›die Tatsache, daß [...]‹.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
1318
(
ohess.
,
1501ff.
):
und sage das an allen zorn: | dan ir Judden myt uns heyden nicht | habet gemeynschafft adder geschicht!
Lippert, UB Lübben
2, 135b, 10
(
osächs.
,
1438
):
3 g. eynem batin in den geschichten, dun uns dy wornunghe quam vor herczogen Hanßen wegin.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
253, 22
(
els.
,
1362
):
des enlies er keinen dag nút vnder wegen vmb keine geschiht.
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Sol ich des geniessen nicht, | So clag ich iemer die geschicht | Daz ich so grosse arbaitt | Durch man und waffen ye erlaid.
Wiessner, Wittenw. Ring
7204
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
daz in iemant icht | Geschaden möcht dehainer geschicht!
Mollay, Ofner Stadtr.
320, 1
(
ung. inseldt.
,
1. H. 15. Jh.
):
Mit was geschicht der aid volpracht vnd gescheen schoͤll.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
1278
;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
190, 36
;
Gille u. a., M. Beheim
53b, 21
;
124b, 195
;
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
197
;
v. Keller, Ayrer. Dramen ;
Wiessner, a. a. O.
5791
;
Sappler, H. Kaufringer
4, 190
;
15, 52
;
Primisser, Suchenwirt .
4.
›rechtsrelevanter Sachverhalt‹.
Bedeutungsverwandte:
(
die
4; vgl.  6.
Syntagmen:
die g. kräftigen, jm. die g. sagen
;
in allen geschichten gericht haben, jn. zu einer g. zu richter kiesen
;
die g. der klage
;
die bestätigung / einfürung / urkunde der g
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
77, 9
(
Worms
1499
):
warümb die clag ist mit infürung. der geschicht oder vrsachen der clag zum kürtzsten angezogen.
Froning, Alsf. Passionssp.
4016
(
ohess.
,
1501ff.
):
vor Herodem furet en hene | und saget em die geschicht | und heyßet uch daruber richten!
Unger, Richtes Stig (
1474
):
Wenn aber der erbe das gut aufgibet, und sagt man dir denn die sach ader die geschicht, und sprichest du dawider nicht, und ab du dann sie darnach widersprechen wollest, so vindet man: du enmugest.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
E. 15. Jh.
):
Auch hat das benant goczhaus auf alln des goczhaus gruntn [...], lantgericht und alle gericht und wandel in alln sachen und geschichten.
Köbler, a. a. O.
341, 12
;
5.
›Tat, Handlung (allgemein)‹; speziell einerseits mit Bezug auf die Heilsgeschichte: ›heilsgeschichtlich relevante Tat, die als Gegenstand in die religiös-christliche Tradition eingegangen ist‹, andererseits ›längst vergangene heldenhafte Tat, die Spätere als real vollzogene, als real gedachte oder als real beanspruchte Tat ihrer Vorfahren interpretieren, in deren Traditition sie sich stellen, mit der sie sich identifizieren und über die sie sich als Gruppe definieren‹; von hier aus mehrfach auch Spezialisierung im Sinne von ›verbrecherische Tat, Vergehen, Missetat‹; vereinzelt ›Tathergang‹;
vgl. am ehesten  3.
Bedeutungsverwandte:
 3,  1,  3,  1,  2, .
Syntagmen:
geschichten erzälen / singen / tun, eine g. an jm. begehen, jm. eine g. klagen, js. g. aufzeichnen
;
der g. warten
;
jm. in einer g. wunden schlagen, in einer g. sich umstände begeben, ein land in einer g. an sich bringen
;
die böse / grosse / herliche / schwere g
.;
die beschreibung der g
.
Wortbildungen:
geschichtrodel
(a. 1578).

Belegblock:

Chron. Köln (
Köln
1499
):
want ein iglicher minsche nae sinre natuerlicher zoneigunge is he mer zogeneiget zo sinre landschaft [...], und [...] hoert he liever van dem da he geboren [...], sinre vurfaren menliche eirliche werke und geschichte dan van fremden.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
154, 19
(
thür.
,
1474
):
nachdem er ym solliche wunden, lemden unde slege yn eyner tatt unde geschichte gethann unde geslagen hadt.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
das der gefragt die bekannten Missenthat gethan hat, sonderlich so er solliche vmbstennde sagt, die sich jnn der geschicht habenn begeben.
Hoffmann, Würzb. Polizeisätze
50, 23
(
nobd.
,
1341-2
):
der sol die stat rumen ein iar in 8 tagen, darnach so er die geschihte
[Einbruchsdiebstahl]
tuͦt.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
4214
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Die hencker wartent ir geschicht.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1459
):
als denn vͥnser [burgere zuͦ Bern] vordern vͥnser land [...] zum teile mitt grossen, schwerren geschichten an sich gebracht hand.
Welti, Urk. Rheinfelden
365, 5
(
halem.
,
1467
):
zweytracht ... darruͤrend von der schatzung vnd geschicht wegen, so her Bilgerin [...], an Hansen vom Stad [...] begangen hatt.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Geschichten die GOtt angenem sind. [...]. Alt Geschichten vnd Thaten erzehlen vnd singen.
Memminger Chron. Beschr. (
Ulm
1660
):
Jhre [der Teutschen] Thaten auch / vnd die vornehmbste jhrer Geschichten / durch jhre Feinde selbsten auffgezeichnet.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1585
):
Welcher fraw oder jungfrau wider iren willen zu unkeuschheit zu nöten understehet oder die werk also bezwungenlich volbringt das die frau oder jungfrau (auf) die geschicht klagen wurt.
Moscouia
E 2r, 13
(
Wien
1557
):
Jn den beschreibungen jrer geschichten / ruͤemen sich die Reissen / wie Sannt Anndre der heillig zwelffpot auß Khriechen lannd nach dem fluß Nyeper vber sich gefarn / vnnd auff den Berg da jetzmals Chiow steet / khomen.
6.
›sich über eine teils kürzere, teils längere Zeitspanne hinziehende, als real gesehene, zusammenhängende Geschehens-, Ereignis- oder Handlungsfolge‹; als Metonymie: ›die Ereignis- und Handlungsfolge mit dem Anspruch auf Faktenwahrheit behandelnder Text‹ (hierzu:
Knape, Historie. [...].
1984
, speziell 238-400); zwischen der Geschehensfolge (usw.) und der Metonymie ist nur in Einzelbelegen mit einer gewissen Sicherheit zu unterscheiden, deshalb wird hier die „eigentliche“ mit der „tropischen“ Bedeutungsebene zusammengefaßt (im Unterschied zu den Ansätzen 1-5); aus dem gleichen Grund wurden hier auch eher natürliche Verläufe und Handlungen der Menschen zusammengefaßt; vgl.  12345. Der Gebrauch von Sing. und Pl. ist wegen der möglichen
-e-
Apokope und der beiden Pluralformen
und
-n
nicht immer sicher bestimmbar und lässt sich deshalb kaum im Sinne der geschichtstheoretischen Frage interpretieren, ab wann es ,
die
Geschichte schlechthin‘, also eine Größe kognitiver Existenzform außerhalb, über, hinter und vor allen Einzelgeschichten, gibt. In einigen Belegen, am deutlichsten in der (s. u.), begegnet
geschichte
(Sing.) annähernd im heutigen Sinne für ›Geschichte, längerfristige Ereignis- und Handlungsfolge‹; mehrfach Bezug auf die Apostelgeschichte, vereinzelt auf eine individuelle Biographie.
Zur Sache: Koselleck, Geschichte. [...], in
GG
2, 1975, 593-718
, speziell 626ff.
Bedeutungsverwandte:
(s. v. ), .
Syntagmen:
die g. melden / fassen /behalten, eine g. (an)schreiben, die geschichten aufzeichnen / zu gedächtnis bringen, jm. eine g. eignen / geben
;
g. geschehen, die g. im gedächtnis erleschen
;
in dem geschicht / in den geschichten (etw.) lesen, etw. im g. der apostel stehen, j. im g. der apostel etw. sagen
;
die g. der völker, (die) g. der zeit(en), die geschicht(en) der aposteln, das g. der Römer, die g. götlicher würkung
;
die französischen / niederländischen geschichten, die denkwürdige / merkliche / trefliche / ware g
.;
am achten
[Kap.]
der g., das verständnis, die warheit der g
.
Wortbildungen:
geschichtschrift
.

Belegblock:

Luther, WA (
1522
):
Alßo leret das Euangelium nit alleyn die geschicht und historien Christi, ßondernn eygent und gibt sie allen, die da dran glewben.
welche [kinder] durch bildnis und gleichnis besser bewegt werden, die Goͤttlichen geschicht zu behalten.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
Herdurch is clairlich zo verstain dat alzo nutzlich und geboerlich is, geschichte der ziden anzoschriven und zo lesen.
so wil ich die treflichste ind mirklichste geschicht van duitschen lande schriven: zom eirsten kurtzlich geschriven etzliche die mirklichste geschichte die geschiet sin van dem beginne der werlt bis zo der zit dat unse lieve her Jesus Cristus is minsch worden.
up dat niemans enzwivel an der wairheit der geschichten ind schriften die in desem boich hernae beschreven werden.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
5, 7
(
Frankf./M.
1626
):
DEmnach die sehr denckwuͤrdige vñ nimmer genugsamb gepreiste Geschichte / Von der / [...] / Eroberung deß heyligen Grabs / wegen der lenge der zeit in dem gedaͤchtnuß der mehrertheils Menschen erloschen.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
WJr wollen nunmehro von den Niederlaͤndischen Geschichten / [...] / handeln.
welches im vergangenen sechzehen hunderten Jahr vorgangen / und zum Verstaͤndniß dieses Jahrs Geschichte anhero erholet werden muͤssen.
Göz. Leichabd. (
Jena
1664
):
Die Geschichte aller Voͤlker und Zeiten hatte er mit faͤhigem Gemuͤhte gefasset.
Fastnachtsp. (o. O.,
15. Jh.
):
Davon rat ich auß meinem geschicht, | Kauft in nicht ab und leiht in nicht.
Bell, G. Hager
269, 11
(
nobd.
,
1603
):
lucas am achten der ge schicht | melt, als philipus hette | Die Samaritter vnder richt | jn dem glauben.
v. Birken. Erzh. Österreich (
Nürnb.
1668
):
So weiß man auch in andern Geschichtschrifften nichts von einem Reichswahltag.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
das ist gesprochen die wort der tage: das moͤg wir nemen bedeutiglicher cronicon der gantzen geschicht goͤtlicher wirckung.
Lauater. Gespaͤnste
12r, 20
(
Zürich
1578
):
So lißt man in Gschichten der H. Apostlen am 23. cap. daß die Saduceer nit gloubt habind / dz ein vrstende der todte͂ / vñ das geister oder engel syend.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
so wil auch ich setzen mit der waren geschicht, wie alle ding gehandelt sein, das den fürsten von Bayren die selben herscheft entpfrömbt seyen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Herodianus in dem geschicht seiner zeit.
Moscouia
B 2v, 8
(
Wien
1557
):
sy [Reissen] haben khaine puechstaben gehabt / vnd nit schreiben khunen / damit sy jre geschichten zu gedaͤchtnuß hetten bringen muͤgen.
Bell, G. Hager
364, 3, 11
;
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 14, 30
;
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
151, 2
;
Vgl. ferner s. v. .
7.
›mündliche oder schriftliche Fassung einer
geschichte
(im Sinne von 1, auch von 3; 4; 6), Nachricht, der Wirklichkeit entsprechende oder diese in je eigener Weise gestaltende Wiedergabe von etw. Abgelaufenem, das damit der Rezeption und der Bildung von textlicher Tradition zugänglich wird‹; speziell auch: ›Akt‹ sowie ›Aufführung einer Komödie‹ (dazu:
Schulz, Geistl. Spiel.
1998, 258
ff.).
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  24,  3,  4, ,  1, .
Syntagmen:
eine g. (an)schreiben / hören / lesen / vernemen, jm. eine g. glauben / bedeuten, die g. e. S.
(Gen., z. B.
der pflicht
)
haben
;
das evangelium eine g. sein
;
die g. erschellen, etw. leren / mitbringen
, [womit]
enden
;
aus einer g. etw. schliessen, zu einer g. etw. sprechen, auf eine g. nachfrage haben, in einem g. etw. anzeigen
;
die g. geschehener dinge
;
die g. von dem ritter, von studenten
;
die alte / betrogenliche / ganze / leichte / löbliche / ordentliche / nachfolgende / schlechte / warhaftige / wunderliche g
.;
die erzälung einer g., der liebhaber der g
.
Wortbildungen:
geschichtmässig
›der Erzählung entsprechend‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
Wir haben das geschicht Jacobs, wie er mit den schaffen umbgahet, zcw negst gehördt.
Inn disem geschicht ist antzeygt, wie Christus uns vom gesetz erloßet.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
300, 1205
(
Magdeb.
1608
):
Er laß auch viel alter Geschicht / | Der Poeten kuͤnstlich Gedicht / | Vnd merckt daraus je lengr / je mehr / | Gleichnuß / Exempel / Spruͤch vnd Lehr.
Ebd.
578, 2271
:
Der Koͤnig sprach zu der geschicht / | Die todten Meuse beissen nicht.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
virlei wis haben wir einen vater, | der irste ist von geschichte, | der alle ding geschuf von nichte.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Soll man im finstern rechter pflicht | Wol kundschafft haben oder gschicht, | Was du fuͤr wunder vielerhand | Hast ausgericht.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Frankf.
1545
):
Auß disem Geschicht kundt mann nicht schliessen, dieweil man nit wist, obs auß Kunst oder ungefahr geschehen were.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
3, 16
(
Frankf./M.
1626
):
Auch mit schoͤnen lieblichen Geschichtmaͤssigen Kupfferstuͤcken zu mehrerm Lust vnd Erkandtnuß der Historien vor Augen gestellet.
Bergmann, Ambr. Liederb. (
Frankf.
1582
):
Hiemit endet sich das geschicht, | wiewol ich niemand urtheil nicht.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
28, 38
(
omd.
,
1487
):
Boecius [...] schreibt zowelff wu̇nderliche geschichte von dem starcken Ritter Hercules.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
137, 20
(
Nürnb.
1548
):
Solches bringet die geschicht / oder das Exempel an jhm selb mit.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
ordenlich Geschicht / da alle vmbstend gemeldet werden. Historia.
Roloff, Brant. Tsp. Widmung
52
(
Straßb.
1554
):
so wirt ein yeder liebhaber der geschichten für guͦt auffnemen diße arbeit.
Maaler (
Zürich
1561
):
Gschicht (die) Ein ordenliche erzellung vñ erklaͤrung waarhaffter / grundtlicher vñ geschaͤchner dingen. Historia. Etlicher dingen Gschicht / Abscheid / Hãdlung / Außrichtungen. Actus rerum. Zur Gschicht dienende. Historialis.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
da sie vernamen die geschicht, daß ir guet freund also nidergelegen waren.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Mer ist zemercken das ain yetlich Comedia wirt in fünff underschaid oder geschichten getailet.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Es ist kurtzlich in diesem lannd ain betrogenlich geschicht erscholln und auch an uns gelangenn.
Schorer, Sprachposaun
42, 4
;
Pyritz, Minneburg
3974
;
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
184, 9
;
Roloff, a. a. O.
10
;
1568
;
Kottinger, Ruffs Etter Heini ;
Ukena, Luz. Sp.
3191
;
Heidegger. Mythoscopia
31, 27
;
Dietz, Wb. Luther ;
8.
steht mit Adjektivattribut oder als bzw. mit Genitivattribut für den Bezugsgegenstand, der durch das Adjektiv charakterisiert wird, durch das Genitivattribut bzw. durch das Subst. mit abhängigem Genitivattribut bezeichnet wird; teilweise auch korrelatartig mit Nebensatz gebraucht, durch den
geschichte
dann bestimmt wird; Beispiele für die hier zusammengefaßten Gebrauchsweisen:
die tödliche geschichte
›der Tod‹,
jamers geschichte
›Jammer‹,
geschichte der einung
›Einung‹,
getat des geschichtes
›Tat‹,
von geschichte, das [...]
+ Inhaltsatz.
Älteres und mittleres Frnhd.; gehäuft Verstexte, oft literarischer Prägung, oft religiösen oder didaktischen Inhalts.
Syntagmen:
die falsche / manliche / natürliche / schwerliche / unreine / wunderliche / tödliche g., heilige / künftige / wiederwärtige geschichten, alle geschichten
›alles‹,
andere geschichten
›alles andere‹;
die g. der abenteuer, des traumes, jamers / todes g
.;
die getat des geschichtes
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Daz her wolde zu gerichte | Zu der jungesten geschichte | Komen durch recht urteil
[mixtura verborum für: ›jüngstes Gericht‹].
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Der mich nit hait, dem bristet alle geschicht ›alles‹.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
do noment sü die gedoht des geschihtes für sich und erfuͦrent, was iederman hette geton.
Fuchs, Murner. Geuchmat
4510
(
Basel
1519
):
Solchs werendt nit manlich geschichten | Wer sich der wyber zanck an nem, | Der selb versumpt vff die kilchwyhe kem.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
433
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Er [got] wil nu hailig geschicht | Von vasten und von betten.
Ebd.
737
:
ich fürcht, manger werd verlorn, | Der muͦtwillclich sin e bricht; | Der vert gar an ain frömd geschicht, | Das im werd alles das zu sur | Villicht in dem helschen fur
[vom Hrgg. des Textes gedeutet als: ›der begibt sich auf fremdes Terrain, verrennt sich‹].
Ebd.
753
:
Es hulffe den băpst selber nicht, | Fürte er gen got unrecht geschicht
[›Unrechtes im Schilde‹].
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Samlon, der wise man, | Gar kum verjechen do began | Des tromes schwerliche geschicht.
Suss laid sy tödliche geschichtt.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
23, 14
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
alse da vor gesprochen ist, von geschiht der einunge in der persone.
Sappler, H. Kaufringer
4, 441
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
auch begund er verschreiben | seinem vater gar behend | von anfank bis an das end | diser aubentür geschicht.
Niewöhner, Teichner
464, 1003
(Hs. ˹
oobd.
,
1370
/
80
˺):
daz ain mensch gewesen sey | gar von allen sünden frey, | paid von recht und von geschicht, | daz er mocht gesünden nicht.
Helm, a. a. O. ;
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 20, 11
;
Bömer, a. a. O. ;
Kisch, Leipz. Schöffenspr. ;
Thiele, Minner. II,
13, 303
;
Pyritz, Minneburg
2269
;
5370
;
Morgan u. a., a. a. O.
166, 10
;
Banz, a. a. O.
556
;
Koppitz, a. a. O. ; ; ;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Weber, Füetrer. Poyt.
101, 6
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. .