geschweigen,
V., unr. abl.
– Für 1-4 Beleghäufung in Texten religiösen und didaktischen Inhalts.
1.
›schweigen, still sein, nicht reden‹; als Part. Perf.: geschwiegen
1 ›schweigsam‹.Syntagmen:
absolut (mit Subj. d. P.).Wortbildungen:
geschweiglich
Belegblock:
Eyn man sich vor gerichte verspreken mach, daz sin recht deste krenker wert, den her hette geswegen.
noch durch sion noch durch / Jerusalem gesweig nimmer, biz daz, / gereht wirt offenbar.
do sitzent etliche und klaffent und engeswigent kume iemer.
es ist an der zeitt, | Nit lenger ich geschweigen kan.
Ach son, wie tödtlich ist din mund, | dem allzyt ist die warheyt kund, | wie bist du todthalb gar geschwigen!
Hetstu geschwigen / so hette ich dich für weyse gehalten.
Froning, Alsf. Passionssp.
7310
; 2.
›von etw. / jm. schweigen‹.Syntagmen:
mit Gen.obj. (meist) oder Akk.obj. (vereinzelt) d. S./P.Belegblock:
das man gottis wort geschwygen hat, und alleyne geleßen und gesungen ynn den kirchen, das ist der ergiste mißbrauch.
kommet iß [ufferstende] den luden widder under die hende, | ßo geswigen sie syn [Jhesus] nummer me.
Ebd.
7455
: Ir herren, der sach geswiget ire | zu disßer zeit! des bidden mir.
Das püch Regüm und Nümery, | [...] | Valerius und was die kronick helt gewis, | Des ich geschweig hin für.
Laßt uns mitlerzeit ander dingk geschweigen.
Gum, giemolf, narre, tore, geswig der toten kunst!
3.
›verstummen (z. B. von der Rede, der Stimme)‹.Syntagmen:
mit Subj. d. S.Belegblock:
Als die stimme gesweic | Und ich uf baz gesteic, | Dar min sin Gotes tougen laz.
do inne suͦcht die nature ir ruͦwe, das si ze friden werde und das innerlichen schelten unde stroffen in ime [mensche] gestille und geswige.
Sein tail den veinden ob gelag, | Do man in fuͤr den pesten wag, | Geswigen was der veinde schal.
als die wort nu ein ent hëten, da geswaig die stimm, aber das liecht vnd das gesang [...] das weret.
4.
›von einer Redetätigkeit ablassen, aufhören zu reden‹; als Part. Perf.: geschwiegen
2 ›verstummt‹.Syntagmen:
mit Subj. d. P. und innerem Gen.obj., z. B. j. der rede geschweigen
.Belegblock:
Du erleidst mir die jungfraw nit, | Sie sol, ob gott wil, werden mein. | Darumb geschweig der nachred dein.
Gar aller rede si geswaig | Und uf die erde nider saig.
Dü küngin sach den Eckhart an | Und sprach: ,bertting, geswig der wort!‘
5.
›etw. verschweigen, wissentlich übergehen‹.Syntagmen:
mit Subj. d. P. und Gen.obj. d. S., vereinzelt mit Akk.obj.Belegblock:
do lies er die sache ligen vor schame und gesweig ir mit großen schanden.
Der wechsel grozzen chummer trait | Mit sewffzen und mit chlagen, | Des schimphes ist geswigen gar.
der istorischreiber melt fil vnd oft, so ain riter avs Franchreich ain erlich vnd riterliche tat versprach, aber der vnsser geschbeigt er.
Sie geśchwaig das ihr florin 300 miteinander śolten genomen śein worden.
6.
ansatzweise phrasematisch in folgenden Konstruktionen: ich geschweige
+ Gen.-obj. / Akk.obj. (letzteres vereinzelt); ich geschweige, das [...] / zu [...]
; ich wil geschweigen sagen, [...]
; (zu) geschweigen, das [...]
; geschweigend, das [...]
, jeweils ausgehend von ›ich übergehe mit Stillschweigen, verschweige‹ (vgl. 5) zu ›ganz zu schweigen davon, daß [...], geschweige, daß [...], um gar nicht davon zu reden, daß [...]‹; das als zu verschweigen Angekündigte wird genannt, damit als Steigerung des jeweils Vorangehenden pointiert, aber nicht ausführlich dargelegt.Belegblock:
Jch wil der fahr geschweigen, das man ein weib zwingt zum man yns bette.
Wenn man ein Axt lang braucht / so wird sie stumpff / zu geschweigen ein Mensch / Jene muß man wieder schleiffen / vnd dem Menschen nicht Schimmel wachsen lassen.
siehst du nun, Karsthans, warzuͦ die tempel und kirchen guͦt sein und daß wir der wol gänzlich enberen möchten. ich geschweig daß wir der so vil und die so köstlich bauwen.
war ist, so muͤßen alte keiser dem bapst seine fuͤß küssen, geschweig waschen.
Jch geschweige seiner guten vnd herrlichen sprachen des Latins / des Griechischen / Hispanischen / vnd Frantzoͤsischen / die er alle so wol vnd zierlich außsprechen [...] kan.
di minniste craft di in miner sele ist, di ist widir dan der wide himmil; ich geswige der fornuftikeit: di ist wit one wide.
do ich kaum ein katzen bey erneren mag / ich wil geschweygen ein iungefrawen / ein knecht vnd ein hengst am baren.
wir dörften sein furstlich gnaden nit wol ansehen, geschweigend das wir vil mit sein furstlichen gnaden handeln söllten.
hieß sie [fraw] mich den todten tragen | An galgn, ich köndt irs nit versagen, | Ich wil geschweigen in ir hauß.
Daß wird werden an mir gerochn, | Geschweigen, das der König wolt, | Daß man mich drumb rahtbrechen solt.
Jch wil geschweigen menschlich bloͤt, | So man zuͦ vil sie triben het.
was si vorhin hatten gelassen, das wart da alles verderbt, das doch den unglöubigen zuͦ vil were gewesen; ich geswigen, das ein cristenmensch dem andern das tuͦn sol.
die heylige gschrifft vnuerschampt / jch gschwyg vnchristenlich zuͦ krümen vñ zuͦ felschen.
Ich will der ufruren und enbörungen, so er in deutschen landen erregt, geschweigen.
das ain knecht oder anheber nit wol sicher neben dem wagen geen, zŭ geschweigen das er den halten oder anheben mag.
Rosenthal. Bedencken
14, 21
; Perez, Dietzin
1, 42, 8
; M. Cunitia. Ur. Prop. ;
Asmussen, Buch d. 7 Grade
715
; Schorer, Sprachposaun
78, 18
; Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
4, 31
; ‒
Vgl. ferner s. v. .