abbrechen,
V., unr. abl.
– Zu den rechtssprachlichen Verwendungen (4; 6; 9; 10; 14) vgl. .
1.
allg. ›e. S. von einer andern abbrechen, trennen, losreißen‹; auch ›abbröckeln, zerbröckeln‹; offen zu den spezialisierten Bedeutungen (vgl. 2-7);
zu
4
 1415.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
in der Regel trans.;
einen zipfel / stein, ein blat / lid / stük a.;
vereinzelt intrans.

Belegblock:

Mylius (
Görlitz
1577
):
Termes Abgebrochener Ast mit fruͤchten. Frons, frondis Abgebrochener Ast mit blettern vnd bluͤten.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
10, 65
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
den [stain] hant noch fuss nie abgeprach.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
Harnoch so brichet man und bloͤsset die bletter abe.
Keil, Peter v. Ulm
184
(
nobd.
,
1453
/
4
):
gesotten [...], daz es vnter den vingern hertlet wird, daz es abpricht.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Rohland, Schäden
345
;
Dietz, Wb. Luther .
2.
›etw. (z. B. Gebäude) mit Gewalt abreißen‹;
zu
4
 13.
Bedeutungsverwandte:
 3, , , .
Gegensätze:
 1,  7.
Syntagmen:
trans.; die
brücke / burg / kirche / mauer / stube, das haus, den bau / zaun a.

Belegblock:

Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 481, 19
(
omd.
,
1433
):
das eyne hausz [...] mag her [...] abbrechen.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
2. H. 14. Jh.
):
Unde brach he di kirche abe.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1539
):
dz die stuben [...] nit müessennt widerumb abgebrochen werden.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Er [...] prach ab die prugken.
Große, Schwabensp. ;
Schmitz, Schiltb.
47, 24
;
Welti, a. a. O. ;
Mon. Boica NF.
2, 1, 97, 31
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
2
;
Rot
304
;
Dietz, Wb. Luther .
3.
›etw. fachmännisch abbrechen, abbauen (um es an anderer Stelle wieder aufzubauen)‹.
Syntagmen:
trans., fachtextlich auch ohne Obj.

Belegblock:

Guth, Gr. Alexander (Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Daz man die pampilion | Brech ab vil schon.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
78, 1
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
so du abbrichst, vnnd die wagenburgk geth vber lanndt.
4.
›sich etw. (einen Knochen, ein Glied) brechen‹;
zu
4
 19.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
79, 385
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
als wann ainer ein fus abpricht.
Keil, Peter v. Ulm
153
(
nobd.
,
1453
/
4
):
der ein pein ab het geprochen oder ein arm oder ein ripp.
Koppitz, Trojanerkr. ; ;
5.
›die Milchzähne verlieren (von Pferden)‹.
Syntagmen:
Fachtextlich ohne Obj.

Belegblock:

Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
17. Jh.
):
ein hediges roß, das abprochen hat.
6.
›mit jm. abrechnen‹, wörtlich: ›(den Zahlstab an der Kerbe) abbrechen‹; Synekdoche zu 1;
zu
4
 14.

Belegblock:

Seuffert u. a., Steir. Landtagsakten
2, 253, 26
(
m/soobd.
,
1492
):
so [...] mit den dienstleuten abzuprechen verordent sein.
7.
›(Obst) pflücken; (Wein) lesen; (Pilze) sammeln; (Blumen) brechen, pflücken‹;
zu
4
 15.
Bedeutungsverwandte:
 3, ,  1, (V.) 18,  1,  1; vgl.  2.
Syntagmen:
trans.;
obst / äpfel / birnen / kirschen / blumen / rosen a.;
dagegen:
der pfifferlingen a.;
vereinzelt ohne Obj.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
27
):
die [-biren] abgebrochen waren.
Klein, Oswald
47, 5
(
oobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
so well wir | [...] | mit frechen abbrechen | der pfifferlingen roh.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1717
):
eß solle auch keiner [...] bei verlust deß weingartens zu lößen oder abzubrechen sich unterstehen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Rosen abbrechen.
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Pausch, Ital.-Dt. Sprachbuch
195
;
Voc. inc. teut.
a iijv
;
Rot
302/3
;
Diefenbach, Mlat.-hd.-böhm. Wb. .
8.
›über die Ufer treten, die Dämme beschädigen (von Gewässern)‹.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
354, 140
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
hindern mauren und zeunen | sicht mans fliessen und scheunen | ab prechen als ain teich.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1450
/
80
):
Darnach [...] brach der weyr ab ym graben bey sant Katherein.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
dises [...] jars brach die Thunau oberhalb Regenspurg ab.
9.
›(einem Gegner) Abbruch tun, ihn schädigen, ihm Verlust zufügen (vor allem im militärischen Sinne)‹; offen zu 10; 11; 12;
zu
4
 9.
Syntagmen:
mit Dat. d. P., ohne Akk.obj.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus, (
Frankf.
1557
):
Die Tauben konten sich nicht rechen, | Dem starcken Feindt nicht viel abbrechen.
Neubauer, Kriegsb. Seldeneck
100, 34
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
die feindt werden [...] vnderstenn, vns abzubrechen.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wir [...] den [fynden] abe zu brechen [...] gedechten.
Gille u. a., M. Beheim
453, 2875
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
99, 114
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 13
;
Dietz, Wb. Luther .
10.
›jm. etw. (das ihm zusteht, z. B. Rechte, Besitz, Sold) entziehen, wegnehmen, vorenthalten‹;
zu
4
 20.
Syntagmen:
mit Dat. der Person und (meist) Akk. der Sache;
jm. den acker / rein / sold, die leute, die habe / rechtung, das almosen / geld / gut a.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
(ich) hatte [...] | gebrochin abe ein stucke | ackirs mîme nâkebûr.
Luther, WA (
1524
):
ir gebet mir meinen titel nicht, den mir doch etliche fürsten und herrn, so meine feinde seindt, geben und nicht abbrechen, darumb neme ich ewrn brieff für einen feindts brieff an.
Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1565
/
6
):
dakegen solten [...] auch der habenden privilegien nichts abgebrochen werden.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
70, 22
(
omd.
,
1544
):
so hat man uns doch den halben theyl am lohne abgebrochen.
Dienes, E. Gros. Witwenb.
192, 2
(
nürnb.
,
1446
):
vil leut
[...],
die do ander menschen das yre abprechen.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
der brach den armen Luͤten das Almůsen ab.
Gille u. a., M. Beheim
188, 108
;
233, 126
;
Niewöhner, Teichner
512, 97
;
541, 7
;
Wackernell, H. v. Montfort ;
Welti, Stadtr. Bern ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Rot
329
;
11.
›sich einschränken in seinen Lebensbedürfnissen, Stimmungen und Haltungen, sich e. S. enthalten, sich mäßigen‹; speziell: ›Askese üben, sich kasteien‹.
Bedeutungsverwandte
mit letzterer Nuance: ; vgl.  22.
Syntagmen:
sich
(refl.)
a.; dem leib / der natur (etw.) a.; dem leid a.; den schlaf a.; sich an essen / trinken / schlafen a.

Belegblock:

Luther, WA (
1530
/
32
):
die [Alten veter] haben den gantzen tag uber nicht gessen noch truncken, wenig geschlaffen und sind her gangen als die leid truͤgen und dem leib alles abbrochen, soviel die natur hat moͤgen leiden.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Daz ander stuͤcke ist, sinen lip an griffen mit kestigunge in einem abbrechende an slaffende, an essende und an trinckende und alles, daz ime lustlich si.
Maaler (
Zürich
1561
):
Seiner natur Abbrechen / An jm selbs sparen. Nit doͤrffen gůte zeyt habẽ.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1610
):
wer nun dergleichen öhrter zu besuechen ihme nit kan abbrechen.
Bihlmeyer, a. a. O. ; ; ;
Goedeke, Fischart. Flöh haz
18, 567
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
105, 41
;
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. ;
Rot
329
.
12.
›jm. (das Leben) nehmen‹; als Ütr. anschließbar an 1.

Belegblock:

Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
darumb brach im got sein jungs leben ab.
Gille u. a., M. Beheim
447, 265
;
Banz, Christus u. d. minn. Seele
651
;
Schönbach, Adt. Hss. I,
1877, 823
.
13.
›etw. (z. B. Zorn) abwenden, ablenken‹.

Belegblock:

Spechtler, Mönch v. Salzb.
3, 54
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Nim es in dein parmig hend | und prich got den zoren ab.
Ebd.
3, 51
.
14.
›jn. verleumden, an der Ehre mindern‹;
zu
4
 33.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  11,  21.

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Die die zu keinen stunden | Mag horen abebrechen oder muͤrmelongen | Die die nie hait missesprochen | Eyme andern.
15.
›mit etw. aufhören, etw. beendigen‹;
zu
4
 25.
Bedeutungsverwandte:
,  23.
Syntagmen:
Meist ohne Obj.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
244, 18
(
thür.
,
1474
):
dye [...] yren hern nicht lenger [...] gedynet, eher addir langsamer [...] abgebrochin, orloup genamen.
Luther, WA (
1531
):
Den es ist stumpff und kurtz abgeprochen, das sie die warheit nicht verstanden haben.
Thiele, Minner. II,
11, 168
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
brech ich nit ab, es wer unnücz.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Eilen. Ein ding abbrechen.
Rot
285
(
Augsb.
1571
):
Abrumpirn, abbrechen / gehling oder vrbering auffhoͤren / vnterwegen lassen.
Thiele, a. a. O.
11, 61
;
12, 371
;
Dietz, Wb. Luther .
16.
›(eine Maßeinheit) vermindern‹.

Belegblock:

Uhlirz, Qu. Wien (
moobd.
,
1466
):
von der wein halben [...] sol der mass umb ain klain tail, als umb den 15. tail an der echterin abgebrochen werden, und derselb tail sol dann der stat [...] geben werden.
17.
›(Silben) synkopieren‹.

Belegblock:

Voc. inc. teut.
a iijv
(
Speyer
1483
/
4
):
Abprechen die Silben: sincopare.