begierlich,
Adj.
1.
›erotisch nach jm. verlangend (von Personen)‹; mit verschobener Bezugsgröße zur Kennzeichnung erotischen Verlangens wie des Gegenstandes des Verlangens, in letzterem Falle: ›begehrt‹;
vgl.  1.

Belegblock:

v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
37, 7
(
omd.
,
1487
):
Wirtt ÿn [weiber] aber von ÿmant etwas Jn böser begirlicher meÿnūg gegeben.
Sachs 15, 
509, 15
(
Nürnb.
1562
):
die fraw […] wartet allein, | Wenn der gott kommen würd hinein | Und sie bschlaffen vor dem altar, | Deß sie begierlich warten war.
Thiele, Minner. II,
12, 340
 (Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
uß scheidenn kann entsprissen | die widerkunfft, dar zu begirlich beyden.
Sappler, H. Kaufringer
29, 70
 (
schwäb.
, Hs.
1472
):
das sie [schön] die minn manigfalt | kan in die herzen giessen | […] | und den begirlichen gelust | kan sie darein senken schon.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.  (
moobd.
,
1478
/
81
):
künig Anthary […]; der stallt begirlich nach der vil berüembten und jungen künigin mit ir namen Theodelinda.
2.
›hungrig (von Personen)‹; mit verschobener Bezugsgröße zur Kennzeichnung des Hungers (dann: ›zum Essen drängend‹) wie des Essens und des Gegenstandes, auf den sich der Hunger richtet (dann: ›begehrt‹);
vgl.  2.

Belegblock:

Apherdianus (
Köln
1575
):
Ich hab anfaͤncklich so begierlich gessen / dz mir die lust entgangen ist.
Sachs 1, 
42, 4
 (
Nürnb.
1548
):
Durch die hochmütigen hoffart | Das weyb begirlich aß darvon.
˹Bildlich bei: Eichler, Ruusbr. obd. Brul. 
2, 2044
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
alsus wurt der begirliche hunger vnd turst von minnen in ime alle stunden vernuwet
˺.
Volz, Prophet Daniel M 
10, 3
(
Straßb.
1466
):
ich aß nit das begirlich brote: vnd das fleysch vnd der wein gieng nit ein in meinen mund.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Begierlich essen.
3.
›auf Macht, Besitz, irdische Güter orientiert (von Personen)‹; mit verschobener Bezugsgröße auch zur Kennzeichnung der Machtgier selbst;
zu  3.

Belegblock:

Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
12, 29
(
Nürnb.
1. H. 15. Jh.
):
Wann das flaysch rett und gibt im ein linde, suͤße, wolluͤstige, unkeusch und begirliche dinck, und alle sein anfechtigung ist allain von den gegenwertigen luͤstpern und sichtigen dingen und nichts nicht von den […] geystlichen dingen.
Anderson u. a., Flugschrr.
7, 6, 16
(
Straßb.
1524
):
so die phariseer vnserer zeit / meer gebraͤchtlich vnd begirlich seind der menschen eer / dañ die alten.
Barack, Zim. Chron.  (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
derhalben im einer ein rueder dargebotten, welches der graf begirlichen erwüscht und in henden behalten.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
55, 22
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Der dritte gaist ist die pegird, die dy sel zu ir zeucht in ir aynung zü dem leichnam, der da pegyrleich ist enphangen.
Bauer, Imitatio Haller
60, 4
 (
tir.
,
1466
):
Ich […] sol nicht pegeren die pegirleich petrachtung, die mich cziehen ist inn die hoffart.
Moscouia
C 2r, 18
 (
Wien
1557
):
ob die Littn auf das khlain volckh begierlich sich lassen wurden.
Bremer, Voc. opt.
2025
;
Voc. inc. teut.
s iiijr
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß .
4.
›eifrig, freudig auf etw. / jn. gerichtet‹; je nach Bezugsgegenstand oder -person unterschiedlich, z. B. ›auf etw. erpicht‹; ›eifrig, freudig‹; ›neugierig‹; mit verschobener Bezugsgröße zur Kennzeichnung des Bezugsgegenstandes oder der Bezugsperson, auf den bzw. die sich e. P. richtet, dann: ›begehrenswert, erwünscht (von Gegenständen)‹; ›geliebt, ersehnt (von Personen)‹;
offen zu 5; vgl.  4.
Bedeutungsverwandte:
, , (Adj.) 15,  1,  1, .
Syntagmen:
etw. b. lesen, etw
. (z. B.
ein ding
)
b. machen, etw
. (z. B.
eine bitte
)
b. gewären, j. b. werden, j. zu etw. b. sein, j. b. sein, zu […], etw
. (z. B.
ein ding / lon
)
b. sein, etw
. (z. B.
gold / silber
)
jm. b. sein
;
e. P
. (z. B.
gottes
)
b. sein
;
begierliches angesicht, begierliche gabe / zeit / zukunft, begierlicher son
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Daz gebot schînet swære, und der lôn ist begirlich.
Ez enist kein dinc sô liep noch sô begirlich als leben under allen dingen.
der mensche næme abe von allen dingen daz gröbeste und næme sie nâch dem, und sie lustlich und begirlich sint.
Gille u. a., M. Beheim 
82, 352
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
mein aller pegirlichster sun, | wie machtu so vil peine | Deiner liebsten muter getun?
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
E. 15. Jh.
):
das so vil volckes zu Nürmberg zu komen begirlich wer.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
1
(
Nürnb.
1517
):
darumb hat er […] wolbedechlich alle ding erschaffen, mit seiner götlichen weißheit geziret und begirlich gemacht.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
wird auch begierlich gewert, | Was sie [uberschöne person] freundlicher weiß begert.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel  (
Straßb.
1466
):
In disem ewangelio ist nutz den die do gotz begirlich sein das sy bekennen den anefanck das mittel vnd das ende diß bůchs.
vernemen sy in disem ewangelio das sy werden begirlich: wie gott hat begriffen vnser natur.
Heydn. maister
26v, 2
(
Augsb.
1490
):
seı̄ sun zů verachten begirlicher wz dann zehaben.
Österley, Steinhöwels Äsop  (
Ulm
1474
/
82
):
Ich vermainet, du wöltest mir etwas lüstigs oder begirlichs ze kouffen geben.
Chron. Augsb. , 276, 8 Var. (
schwäb.
,
v. 1536
):
O dů begirlicher, bist dů komen, des wir in der finsternus gewartot haben.
Ebd. (zu
1552
):
als [die, welche] desselben zuͤ dem höchsten begirlich, gantz willig, von hertzen und gemuͤt wol dartzuͤ genaigt sein, sich desselben hiemit erbieten.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
E. 15. Jh.
):
mitwonung des begierlichen angesichts des ewigen schatzes, des antlitz unsers herrn Jhesu.
Kurrelmeyer, a. a. O. ;
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst ;
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 204, 4
;
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Heidegger. Mythoscopia 
72, 25
;
Klein, Oswald
56, 8
;
Dietz, Wb. Luther ;
5.
›begierig, sehnsüchtig, ernsthaft, intensiv, eifrig, inständig, inbrünstig, leidenschaftlich‹;
vgl.  5.
Bedeutungsverwandte:
 2, ,  2, .
Syntagmen:
b. handeln / schreien, b. nach etw. verlangen, b. nach jm. fragen, b. etw. empfangen / melden / sehen / suchen, etw. b. aus js. munde gehen
;
begierliches ansinnen / gebet / herz
.

Belegblock:

Anderson u. a., Flugschrr. 1, 
5, 23
(
Leipzig
1520
):
Das ich begirlichers auff erden nicht sehenn / Dan das solcher Symonijscher misszgebrauch […] außgerewth […] werden mochten.
Gille u. a., M. Beheim 
124b, 387
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
daz haidnisch volk pegunde | Ach hernach so pegirlich | den glaben unsers hern Kristi | enpfahn.
Bihlmeyer, Seuse  (
alem.
,
14. Jh.
):
Dú wort giengen im als recht begirlich uss sinem munde.
Maaler (
Zürich
1561
):
Ich begaͤr so Angstlich / begirlich / oder wũderbarlich / das es waar seye.
Vast Begirlich vnd streng in einer sach hādlen / Mit grossem eyfer vnd ernst.
Sein vatterland vnnd landsleüt begirlich Lieben.
Fischer, Eunuchus d. Terenz  (
Ulm
1486
):
Merck wie begirlich er die fünff staffel der liebe meldet.
Brandstetter, Wigoleis
198, 7
 (
Augsb.
1493
):
Der künig mocht jm sein begirlich gebette nicht mehr versagen.
Gille u. a., a. a. O.
124b, 385
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Koller, Ref. Siegmunds ;
Brandstetter, a. a. O.
226, 39
;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
59, 21
;
Dietz, Wb. Luther ;
6.
›religiös sehnsüchtig nach etw. / jm. verlangend, mystisch auf die Vereinigung mit Gott gerichtet, mit seiner vollen religiösen Kraft (auf Gott) orientiert‹; mit Verschiebung der Bezugsgröße auch zur Kennzeichnung der mystischen Haltung sowie des Gegenstandes religiöser Sehnsucht, in letzterem Falle: ›sehnsüchtig begehrt, erstrebt‹; vereinzelt auch von Gottes Erlösungswillen den Menschen gegenüber gesagt;
zu  6.
Texte religiösen, gehäuft mystischen Inhalts; älteres und mittleres Frnhd.; gehäuft wobd.
Syntagmen:
etw.
(z. B.
ein ding
)
/ j.
(z. B.
got
)
b. sein, jm. etw. b. werden
;
etw. b. hören / leiden, jn. b. lieb haben
;
begierliches gemüte / herz / paradies / werk, begierlicher (ge)lust / mensch, begierliche einigkeit / empfindung / gnade / kraft / kürst / liebe / rede / übung / süsse
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
wan kein dinc enist niht mê lustlich noch begirlich, dan als vil got in im ist.
Ders., Eckharts Trakt.  (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
diz sælige niezen des lîchamen unsers herren […] liget ouch an einem geistlîchen niezenne mit begîrlichem gemüete und in einunge in andâht.
Gille u. a., M. Beheim
125, 43
 (
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Unser lieber herr Jhesu Krist, | der hie in all seins lebens frist | mit pegirlicher kürste | Nach der pekerung aller der | sünder und sünderin vil ser | inbrünstlich hat getürste.
Voc. Teut.-Lat.
c viijv
(
Nürnb.
1482
):
Begyrlich. ãdechtig. gotlich. gelubdhafft. od’ helig.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
wissent das ich allen begirlichen menschen die gerne zů irme besten kement, enkeinen […] nútzern weg enweis.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 362
 (
els.
,
E. 14. Jh.
):
die ander zvͦkunft Cristi […] súlle wir merken mit begirlichen hertzen.
Ebd.
2, 161
:
Die erste zůkunft Cristi […] zv́het den menschen mit allen creften vswert zvͦ himele vnd heischet, ein einikeit mit gotte zvͦ habende. Dis triben vnd dis ziehen beuindet men in dem herzen vnd in der einikeit al der liplichen crefte vnd sv́nderliche in der begirlichen craft.
Ebd.
285
:
Got loben, das ist daz begirlicheste vnd froͤlicheste werg der minnenden hertzen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
das ir alles liden lüstlich und begirlich wurt zů lidende.
Schmidt, Rud. v. Biberach
108, 28
 (
whalem.
,
1345
/
60
):
Der ist ein gewer minner, der gat alein […] in den, der vf dem obrosten gewerlich minsam vnd begirlich ist.
Ruh, Bonaventura
330, 16
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
wiß, das der, den er lieb hatt, ist nit sichtig, […], nit griffenlich, nit schmeklich, mer er ist gantz begierlich.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
101, 38
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Als ie pegierlicher wir got lieb haben, als ie gewissleicher vnd chlärleicher wir in sehen.
Ebd.
117, 14
:
Symeon, der do begyrleich was wartund dew derlosung des iudischen volches.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Bihlmeyer, Seuse ; ;
Eichler, a. a. O.
1, 46
;
2, 12
;
242
;
244
;
319
;
1254
;
2046
;
Strauch, a. a. O. ; ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Schmidt, a. a. O.
106, 22
;
Ruh, a. a. O.
339, 18
;
346, 12
;
Höver, Bonaventura. Itin. B
69
;
605
;